Viren oder Bakterien?
Klinisch betrachtet, ist eine Virusinfektion naheliegend, wenn mehrere Kompartimente beteiligt sind, also z.B. grippale Symptome wie Husten, Schnupfen, Ohrenschmerzen oder Augenausfluss vorliegen.
Bakterielle Infektionen konzentrieren sich eher auf ein spezifisches Gebiet und verursachen dort mitunter starke Beschwerden. Zum Beispiel eine eitrige Mandelentzündung, die mit starken Halsschmerzen, aber ohne allgemeine Erkältungssymptome einhergeht.
In der Praxis ist es oft nicht relevant zwischen einer viralen und einer bakteriellen Infektion zu unterscheiden (The WHO AWaRe antibiotic book). Häufig ist es sogar so, dass mehrere Erreger eine Rolle spielen (polymikrobielles Geschehen).
Welche Diagnostik?
Weder klinisch noch laborchemisch kann man eine virale Infektion sicher von einer bakteriellen Infektion unterscheiden.
Es gibt keine klinischen Befunde, die eine bakterielle Infektion beweisen – dies gilt auch für eine grüne Sekretfarbe, einen besonders roten Rachen oder Augen oder für eitrige Beläge.
Sinn von Laboruntersuchungen
Die Laboruntersuchung gehört in der ambulanten Pädiatrie nicht zur Regeldiagnostik bei Infektionen. Sie kann jedoch manchmal ein hilfreiches Puzzleteil sein. Hohe Entzündungswerte beweisen noch keine bakterielle Infektion, denn es gibt Virusinfektionen (z.B. Adenoviren, Epstein-Barr-Virus), die ebenso mit hohen Entzündungsparametern einhergehen. Andererseits gibt es auch schwerwiegende Infektionen, bei denen die Entzündungswerte nicht außergewöhnlich erhöht sind. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass sich der Entzündungsprozess noch in einem frühen Stadium befindet oder dass komplexere Bedingungen vorliegen.
Merke: Die Laborwerte sollten allein niemals der Grund sein, ob eine antibiotische Behandlung begonnen wird oder nicht.
Erregerdiagnostik
In der ambulanten Pädiatrie hat die Erregerdiagnostik keinen besonderen Stellenwert. Für die individuelle Behandlung eines Kindes ist es nicht wichtig, welcher Viruserreger vorliegt. Sinnvoll ist die Virusdiagnostik v.a. in der Klinik. Beispielsweise bei der Isolierung von Patienten mit bestimmten Erregern oder bei epidemiologischen Fragestellungen.
Bakterielle Kulturen sind im ambulanten Bereich wichtig bei der Diagnostik von komplizierten Harnwegsinfektionen und können bei komplizierten Haut- und Weichteilinfektionen eine Rolle spielen. Ein Rachenabstrich zum Schnelltest auf Streptokokken der Gruppe A wird nur durchgeführt, wenn die klinischen Symptome passen, die Erkrankung schwerwiegend ist und eine antibiotische Therapie in Erwägung gezogen wird.
Was tun?
Unser Immunsystem hat die Fähigkeit, sowohl virale als auch bakterielle Infektionen zu bekämpfen. Bei der Behandlung haben wir wenig spezifische Möglichkeiten gegen virale Infektionen, wohl aber gegen bakterielle. Durch Impfungen können wir viele schwer verlaufende virale und bakterielle Infektionen verhindern.
Merke: In der ambulanten Pädiatrie unterscheiden wir bei Patienten mit gutem Allgemeinzustand nicht mehr zwingend zwischen viralen und bakteriellen Infektionen.