Was passiert bei einer Infektion?
Wenn der Körper mit einem Infektionserreger (Bakterien, Viren, Pilze) konfrontiert wird, setzt er eine faszinierende und hoch komplizierte Kette von Abwehrmechanismen in Gang:
- Zunächst erkennen spezialisierte Immunzellen den Eindringling und alarmieren das Immunsystem.
- Daraufhin aktiviert das Immunsystem verschiedene Zellen, welche z.B. Antikörper bilden oder Entzündungsmediatoren freisetzen.
- Diese Abwehrkräfte greifen die Erreger an, um sie zu neutralisieren oder zu zerstören.
- Wenn der Eindringling erfolgreich abgewehrt ist, beginnt der Heilungsprozess und das Immunsystem kehrt in seinen normalen Zustand zurück.
Wir sehen also, unser Körper hat die Fähigkeit, sich selbst zu schützen und zu heilen. Das Immunsystem arbeitet dabei auf eine höchst effiziente Art und Weise ständig im Hintergrund.
Welche Symptome treten auf?
Oft verlaufen solche Erregerkontakte asymptomatisch, das heißt, wir bemerken sie nicht und haben keine Beschwerden. In anderen Fällen können Symptome auftreten, z.B. Fieber, Schleimbildung, Schwellungen oder Rötungen.
Die Symptome sind Ausdruck der körpereigenen Abwehrreaktion und lassen erkennen, dass der Körper aktuell intensiv daran arbeitet, eine Infektion zu bekämpfen.
Körpereigene Abwehrmechanismen
Um gegen den Krankheitserreger vorzugehen, aktiviert der Körper zahlreiche Abwehrmechanismen, die die unterschiedlichen Symptome auslösen. Zum Beispiel erhöht sich die Körperkerntemperatur auf >38,5°C und wir bekommen Fieber. Auch den Schleimhäuten kommt eine wichtige Aufgabe zu: Sie bilden vermehrt Sekret (Schleim) zur Erregerabwehr. Der Schleim kann als eine Art Seife des Körpers betrachtet werden, da er die Erreger einpackt und dann z.B. mit dem Husten oder über eine laufende Nase abtransportiert.
Die oberen Atemwege (also Mund, Nase, Rachen, Luftröhre) sind mit den Augen und Ohren sowie mit den unteren Atemwegen (Bronchien, Bronchiolen, Lungenbläschen) verbunden. Auch der Magen-Darm-Trakt ist Teil des Systems und trägt zur Elimination des Erregers bei, indem er durch Erbrechen oder beschleunigte Magen-Darm-Passage weichere Stühle produziert. Da die verschiedenen Systeme miteinander in Verbindung stehen, wird klar, warum beispielsweise ein einfacher Infekt der oberen Atemwege mit vielen verschiedenen Symptomen einhergeht: Halsschmerzen, Husten, Heiserkeit, Ohrenschmerzen, Bauchschmerzen, Übelkeit und Durchfall. In der körperlichen Untersuchung sehen wir außerdem oft noch einen geröteten Rachen, gerötete Ohren und Sekret in den Augen.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum es in der Regel nicht sinnvoll ist, aus einzelnen Symptomen eine konkrete Diagnose zu stellen. Oder sollten wir aus diesen Symptomen eine Mandel-, Mittelohr- und Bindehautentzündung, Bronchitis und Magen-Darm-Grippe machen?
Was tun?
Das Immunsystem arbeitet hoch kompliziert und äußerst effektiv. Der Körper kann dabei seine Abwehrmechanismen selbstständig regulieren.
Die Gabe von Hustensäften, Schleimlösern, vermeintlichen Immunsystem-Unterstützern, Vitaminen, sonstigen Nahrungsergänzungsmitteln, Probiotika sowie pflanzlichen oder homöopathischen Präparaten ist schlicht unnötig. Der menschliche Körper und sein Immunsystem funktionieren von Natur aus faszinierend. Es ist wichtig, unseren Kindern und uns selbst das Gefühl zu geben, dass wir es eigenständig geschafft haben, ohne Hilfe von Pseudopräparaten, deren Wirksamkeit in sämtlichen Studien nicht über den Placeboeffekt hinausreicht.
Wichtig ist es, für das kranke Kind da zu sein und es zu begleiten. Eltern sollten in erster Linie darauf achten, dem Kind ausreichend Verpflegung und Flüssigkeit anzubieten. Symptome können durch liebevolle Zuwendung und Medikamente gelindert werden.
Welche Medikamente?
Paracetamol und Ibuprofen helfen gegen Schmerzen und Fieber. Beide Wirkstoffe sind als Zäpfchen, Saft oder Tablette erhältlich und werden gewichtsadaptiert verabreicht.
Paracetamol | Ibuprofen | |
Dosierung | 15 mg/kg Körpergewicht | 10 mg/kg Körpergewicht |
maximale Einzeldosis | 500 mg | 400 mg* |
Tageshöchstdosis | 60 mg/kg Körpergewicht | 30 mg/kg Körpergewicht |
Intervall | 6 Stunden | 8 Stunden |
* Eine höhere Einzeldosis von > 400 mg Ibuprofen ist übrigens auch bei Erwachsenen nachweislich nicht sinnvoll zur Behandlung akuter Schmerzen (Motov S. et al., 2019).
Es ist möglich, abwechselnd Paracetamol und Ibuprofen zu verabreichen, wird aber offiziell nicht empfohlen, da bei Verwechslung die Gefahr einer Überdosierung besteht. Grundsätzlich sollten der Abstand zum gleichen Wirkstoff eingehalten und die Tageshöchstdosis nicht überschritten werden.
Aufgabe von Kinder- und Jugendärzten
Als Kinder- und Jugendärzte ist es unsere Aufgabe, Gesundheitskompetenz zu vermitteln, die für die Kinder und ihre Familien von Nutzen sein wird. Andererseits müssen wir die Kinder und Jugendlichen vor unnötigen Maßnahmen schützen. Idealerweise sollten sie außer Paracetamol und Ibuprofen keine weiteren Medikamente kennen. Falls doch, muss der Verordnende dies stets explizit für den individuellen Fall rechtfertigen und begründen können.