8.2.2 Akne

23.09.2024


Häufigkeit
Acne vulgaris betrifft etwa 85 % der Jugendlichen zwischen 12 und 25 Jahren. Sie tritt in diesem Alter aufgrund der hormonellen Veränderungen vermehrt auf, kann aber auch bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben. 

Ursachen
Ursächlich für die Entstehung von Akne sind die Überproduktion von Talg, Verhornungsstörungen in den Follikeln, Entzündungen und Hautinfektionen. Faktoren wie komedogene Kosmetika, eine Ernährung mit hohem glykämischen Index und hormonelle Störungen können die Akne verschlimmern.

Symptome
Akne ist nicht nur ein kosmetisches Problem, sondern führt oft zu Narben und psychischen Belastungen wie sozialem Rückzug oder Depressionen. Schwere Verläufe sind häufiger bei positiver Familienanamnese.

Was tun?
Im Vordergrund stehen die richtige Hautpflege und Ernährung sowie die lokale und systemische Therapie.

Hinweis: Jede Aknetherapie kann Nebenwirkungen mit sich bringen, wie die Austrocknung der behandelten Hautpartien. Das ist jedoch Teil der beabsichtigten Wirkung. Der Trockenheit kann mit hydrophilen Lotionen oder Gelen entgegengewirkt werden. Um die Therapietreue zu erhöhen, müssen die Patienten entsprechend aufgeklärt werden. Ebenso wichtig ist der Hinweis, dass es mehrere Wochen dauert, bis eine Wirkung eintritt. Daher kann erst nach 2–3 Monaten beurteilt werden, ob eine Behandlung ausreichend wirksam ist. Ein vorzeitiger Präparatwechsel ist nur bei objektiver Unverträglichkeit angezeigt.

Hautpflege
Unabhängig vom Schweregrad der Akne sollten einige grundlegende Hautpflegeregeln beachtet werden, die sich aus der Art der Erkrankung ableiten:

  • keine rückfettenden Cremes: Viele Patienten nutzen weiterhin rückfettende Cremes, obwohl diese die Poren verstopfen und die Akne verschlimmern können. Besonders bei fettiger Haut (Seborrhoe) sind solche Cremes nicht notwendig.
  • Gele oder leichte, wasserbasierte Lotionen verwenden: Dies ist insbesondere wichtig, wenn Mittel wie Retinoide oder Doxycyclin eingenommen werden, die die Haut zusätzlich austrocknen.
  • Gesichtsreinigung: keine Seife verwenden, besser nur Wasser oder spezielle Reinigungslösungen mit Benzoylperoxid (BPO) oder Salicylsäure
  • Sonnenschutz: ebenfalls nur Gele statt der üblichen Sonnencremes benutzen

Tab. Empfehlungen zur Pflege der Haut bei Acne vulgaris (aus Höger, Akne von 0 bis 18, Consilium Themenheft 06/2023)

Kriterium

Verboten

Erlaubt

Gesichtsreinigung

Seife

Syndets, spezielle Reinigungsgele für Akne

Hautpflege

Fette, Cremes, Make-up 

hydrophile Lotionen, Gele

UV-Schutz

W/O-Emulsionen, Cremes

Gele

Lokaltherapie

topische Glukokortikoide

Akne-Therapeutika

Ernährung

  • Milchprodukte (nur kleine Mengen <150 ml/d sind erlaubt.)
  • Produkte mit hohem glykämischem Index (Fast Food, Schokolade)
  • hochdosiertes Vitamine A + B

ausgewogene, gesunde Ernährung: Gemüse, Vollkornbrot, Fisch

Ernährung 
Ernährung spielt eine größere Rolle bei Akne als oft angenommen wird. Untersuchungen zeigen, dass eine Ernährung mit einem niedrigen glykämischen Index, also weniger Zucker und Weißmehlprodukte, die Anzahl der Akneausbrüche verringern kann. Im Gegensatz dazu fördern Lebensmittel mit einem hohen glykämischen Index wie Zucker und Fast Food Akne.
Auch Milchprodukte (z.B. Molke) und Schokolade können durch bestimmte Proteine Akne verschlimmern. Hingegen scheinen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, wie sie in Fisch vorkommen, entzündungshemmend zu wirken und Akne zu verbessern.
Einige Nahrungsergänzungsmittel wie hochdosierte B-Vitamine oder Jod können Akne verstärken oder sogar neue Hautprobleme verursachen. Diese verschwinden in der Regel nach Absetzen der Mittel wieder. 

Topische Therapie 
Die Kombination aus Adapalen und Benzoylperoxid (BPO) ist eine bewährte Therapie bei Akne. Adapalen, ein Retinoid, unterstützt das Abschuppen der Haut, beseitigt vorhandene Mitesser und verhindert die Bildung neuer. Es wirkt zudem entzündungshemmend. BPO hat antibakterielle Eigenschaften, reduziert die Fettproduktion der Haut und hilft, verstopfte Poren zu öffnen.

Retinoide und BPO führen zu Trockenheit und Schuppung der Haut sowie erhöhter Sonnenbrandgefahr. Bei empfindlicher Haut können sie zudem zu brennenden Missempfindungen und Hautreizungen führen. Daher sollte zu Beginn eine niedrigere Konzentration verwendet werden, um die Haut langsam an die Behandlung zu gewöhnen. Bei empfindlicher Haut kann die Anwendungshäufigkeit reduziert oder eine abwechselnde Therapie angewandt werden.

Wichtig: Das Gel gleichmäßig auf das gesamte Gesicht und nicht nur punktuell auf einzelne Läsionen auftragen. Eine erbsengroße Menge reicht für das gesamte Gesicht aus.

Achtung: BPO kann durch Oxidation Kleidung und Bettwäsche bleichen. Um Verfärbungen zu vermeiden, sollten weiße oder helle Textilien verwendet werden.

Systemische Therapie
Zur systemischen Therapie können Isoretinoin, Antibiotika und antiandrogene Kontrazeptiva eingesetzt werden.
Isoretinoin
Isotretinoin (Dosierung: 0,5 mg pro kg Körpergewicht pro Tag) ist bei schwerer Akne sehr wirksam. Die Behandlungsdauer beträgt 4–6 Monate, wobei insgesamt mindestens 120 mg pro kg Körpergewicht während der gesamten Behandlungsdauer erreicht werden sollten.
Die Dosis wird schrittweise erhöht: Man beginnt mit 10 mg pro Tag (1 Kapsel) und steigert wöchentlich auf 2 x 10 mg pro Tag. Bei einem Körpergewicht über 60 kg und guter Verträglichkeit kann auf 3 x 10 mg pro Tag gesteigert werden. Höhere Dosierungen sind selten notwendig.

Nebenwirkungen: Bei der Behandlung mit Isotretinoin treten fast immer trockene Haut und Schleimhäute auf, insbesondere Cheilitis sicca (trockene Lippen) und Konjunktivitis (trockene Augen). Hier helfen spezielle Augentropfen und eine rückfettende Lippenpflege. Zudem wird die Haut lichtempfindlicher, weshalb ein Sonnenschutz mit LSF ≥ 30 notwendig ist.
Haarausfall, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen sind ebenfalls häufig. Kraftsport und schwere körperliche Belastungen sollten während der Therapie vermieden werden.
Als schwerwiegendste Nebenwirkung kann Isotretinoin fetale Missbildungen verursachen, weshalb Mädchen nur unter strenger Empfängnisverhütung und Schwangerschaftstests behandelt werden dürfen.
Die Assoziation mit Depressionen und Darmerkrankungen wird kontrovers diskutiert.
Neuere Studien zeigen, dass regelmäßige Laborkontrollen bei gesunden Patienten nicht notwendig sind, es sei denn, es liegen Vorerkrankungen wie Hyperlipidämie oder Adipositas vor. 

Antibiotika
Aus Angst vor den Nebenwirkungen der Retinoide werden Patienten mit schwerer Akne häufig über mehrere Monate mit oralen Antibiotika behandelt, was nicht nur deutlich weniger wirksam ist als eine Retinoidtherapie, sondern auch das weltweit zunehmende Problem der Antibiotikaresistenz verstärkt.
Für den Einsatz von Antibiotika bei Acne vulgaris gelten daher strenge Regeln. Für die antibiotische Systemtherapie der Acne papulopustulosa ist allenfalls niedrig dosiertes Doxycyclin (Dosierung: 40–50 mg/d) indiziert.

Achtung: Wegen des deutlich erhöhten Risikos eines Pseudotumor cerebri ist die Kombination aller Tetracycline mit Isotretinoin kontraindiziert.

Hormonelle Kontrazeptiva mit antiandrogener Wirkung 
Kontrazeptiva, die Ethinylestradiol und spezielle Gestagene wie Dienogest oder Drospirenon enthalten, wirken antiandrogen und können Akne verbessern. Das Hauptrisiko dieser Therapie ist ein erhöhtes Thromboserisiko, das bei Mädchen unter 20 Jahren in der Regel kein Problem darstellt, wenn keine genetischen Risikofaktoren vorliegen. Eine Behandlung mit hormonellen Kontrazeptiva sollte erst nach Beginn regelmäßiger Menstruationszyklen, also in der Regel ab 14 Jahren, in Erwägung gezogen werden.

Stadiengerechte Therapie 
Bei leichter bis mittelschwerer Akne wird eine Kombinationstherapie aus Benzoylperoxid (BPO) und einem topischen Retinoid wie Adapalen empfohlen. Diese Kombination erhöht die Wirksamkeit und erleichtert die Anwendung, was die Compliance verbessert.
Bei schweren Akneformen ist zusätzlich eine systemische Therapie mit Isotretinoin erforderlich. Regelmäßige Kontrollen und Geduld sind wichtig, da sich die Therapie über mehrere Monate erstreckt.

Weiterführende Informationen:
Höger, Akne von 0 bis 18, Consilium Themenheft 06/2023