Was ist Trisomie 21?
Trisomie 21 (auch Down-Syndrom) ist die häufigste genetische Anomalie, die mit dem Leben vereinbar ist. Sie wird durch das Vorhandensein eines zusätzlichen Chromosoms 21 verursacht.
Häufigkeit
Trisomie 21 tritt bei etwa einem von 700 Neugeborenen auf.
Ursache
Das Down-Syndrom wird durch eine Fehlverteilung der Chromosomen bei der Zellteilung verursacht. In etwa 95% der Fälle handelt es sich um eine „freie Trisomie“, die rein zufällig auftritt. Seltener kommt es zu einer Translokation oder Mosaikform.
Das Risiko für Trisomie 21 steigt signifikant mit dem Alter der Mutter. Frauen über 35 Jahre haben ein erhöhtes Risiko, ein Kind mit Trisomie 21 zu gebären, ab dem 40. Lebensjahr steigt dieses noch deutlicher an.
Diagnostik
Die Diagnose kann pränatal über verschiedene Testverfahren gestellt werden. Nach der Geburt lässt sich die Diagnose durch eine Chromosomenanalyse sichern.
Betreuung von Kindern mit Trisomie 21
Kinder mit Trisomie 21 haben aufgrund ihrer genetischen Besonderheiten ein erhöhtes Risiko für verschiedene gesundheitliche Probleme. Damit die betroffenen Kinder die besten Chancen auf eine gesunde Entwicklung und Integration haben, spielen Früherkennung und Entwicklungsförderung eine zentrale Rolle.
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit (Pädiatrie, Kardiologie, Endokrinologie, Orthopädie, Logopädie, Ergotherapie) sind entscheidend, um Risiken zu minimieren und optimale Fördermöglichkeiten auszuschöpfen.
Diagnostik und Screening-Empfehlungen
Frühzeitige Abklärung
- Herzfehler: Etwa 50 % der Neugeborenen mit Down-Syndrom haben einen angeborenen Herzfehler, insbesondere atrioventrikuläre Septumdefekte (AVSD) und ventrikuläre Septumdefekte (VSD).
Empfehlung: Echokardiografie direkt nach der Geburt. Engmaschige kardiologische Kontrollen sind abhängig von der Schwere des Herzfehlers notwendig. Frühzeitige Operationen können Herzinsuffizienz und langfristige Komplikationen vermeiden.
- Schilddrüsenfunktion: Kinder mit Down-Syndrom leiden deutlich häufiger an einer Hypothyreose (angeboren oder erworben).
Empfehlung: Schilddrüsenwerte (TSH, fT4) direkt nach der Geburt bestimmen. Regelmäßige Laborkontrollen im ersten Lebensjahr (nach 6 und 12 Monaten), dann jährlich.
- Leukämierisiko: Kinder mit Trisomie 21 haben ein erhöhtes Risiko für Leukämien, insbesondere die myeloische Leukämie.
Empfehlung: In den ersten Lebensjahren regelmäßig Blutbilder anfertigen, insbesondere bei Auffälligkeiten wie Müdigkeit, Blässe oder vermehrten Infektionen. Auffällige Blutwerte sollten zeitnah hämatologisch abgeklärt werden.
- Augenerkrankungen: Katarakte und Strabismus sind bei Kindern mit Down-Syndrom häufig und können die Entwicklung stark beeinträchtigen
Empfehlung: Erste augenärztliche Untersuchung im Säuglingsalter. Danach jährliche Kontrollen, um die Sehentwicklung zu fördern und rechtzeitig therapeutische Maßnahmen zu ergreifen.
- Hörprobleme: Sind ebenfalls weit verbreitet und können durch Fehlbildungen des Ohres oder chronische Mittelohrentzündungen verstärkt werden. Hörprobleme können die Sprachentwicklung verzögern und sollten frühzeitig behandelt werden.
Empfehlung: Neugeborenen-Hörscreening und weitere regelmäßige Überprüfungen.
Im Verlauf
- Zöliakie: Kinder mit Trisomie 21 haben ein erhöhtes Risiko für Zöliakie (Glutenunverträglichkeit), was zu Wachstumsverzögerungen und Verdauungsproblemen führen kann.
Empfehlung: Regelmäßige Screening-Untersuchungen, insbesondere bei Gedeihstörungen oder Magen-Darm-Problemen.
- Diabetes mellitus: Das Risiko für Typ-1-Diabetes ist erhöht.
Empfehlung: Regelmäßige Blutzuckerkontrollen, besonders bei familiärer Vorbelastung oder Auffälligkeiten in der körperlichen Entwicklung.
- Orthopädische Probleme wie Hüftdysplasie/-dislokation, Skoliose und eine instabile Halswirbelsäule (atlantoaxiale Instabilität) sind bei Kindern mit Down-Syndrom häufig.
Empfehlung: Regelmäßige orthopädische Untersuchungen, besonders bei sportlicher Aktivität oder ungewöhnlicher Beweglichkeit. Bei Verdacht auf Instabilität der Halswirbelsäule sollte eine Röntgenuntersuchung durchgeführt werden.
Pubertät und Jugendalter
- Pubertätsentwicklung: Die Pubertät kann verzögert auftreten. Pubertätsstörungen sollten überwacht und gegebenenfalls hormonell behandelt werden.
Empfehlung: Regelmäßige Überwachung der Wachstumskurven und der körperlichen Entwicklung. - Psychische Gesundheit: Jugendliche mit Down-Syndrom haben ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen wie Depressionen oder Angststörungen.
Empfehlung: Regelmäßige psychologische Unterstützung und Beobachtung des emotionalen Zustands. Soziale Isolation oder Veränderungen im Verhalten sollten frühzeitig abgeklärt werden.
Entwicklungsförderung
Der Schwerpunkt der Therapie liegt nicht in der Heilung, sondern in der Unterstützung der bestmöglichen Entwicklung des Kindes. Wichtig sind dabei Habilitation (Fähigkeitsförderung) und die Vermeidung ungünstiger Entwicklungsverläufe.
Die interdisziplinäre Frühförderung sollte bereits im Säuglingsalter beginnen. Sie umfasst:
- Physiotherapie: Fördert die motorische Entwicklung, insbesondere bei Problemen mit der Koordination und Muskelhypotonie.
- Logopädie: Unterstützt die Sprachentwicklung sowie die orofazialen motorischen Fähigkeiten, die für das Sprechen, Essen und Trinken wichtig sind.
- Ergotherapie: Fördert Feinmotorik, Handlungskompetenzen und alltägliche Selbstversorgung.
Die Therapien sollten regelmäßig evaluiert und an den Entwicklungsstand des Kindes angepasst werden.
Weiterführende Informationen:
S2K-Leitlinie „Down-Syndrom im Kindes- und Jugendalter“ (AWMF 027/051)