Das erste Lebensjahr eines Kindes ist entscheidend für die Entwicklung gesunder Essgewohnheiten. Die ideale Ernährungsform in diesem Zeitraum ist das Stillen, da es eine optimale Versorgung mit Nährstoffen und Immunfaktoren bietet.
Wenn dies nicht möglich ist, stehen speziell entwickelte Alternativen zur Verfügung, um den Nährstoffbedarf des Säuglings zu decken (Formulanahrung). Diese Produkte sind sorgfältig formuliert, um die bestmögliche Ernährung zu gewährleisten.
In Europa ist industriell hergestellte Säuglingsnahrung weit verbreitet, insbesondere solche, die auf Kuhmilchprotein basieren.
Aufgrund zunehmender Bedenken hinsichtlich Unverträglichkeiten und Allergien gegen Kuhmilchprotein sowie Umweltschutz und Nachhaltigkeit wächst das Interesse an alternativen Ernährungsformen. In der Europäischen Union und der Schweiz sind nicht nur Kuhmilch, sondern auch Ziegenmilch, speziell aufbereitetes Milchprotein und Sojaproteinisolat für die Herstellung von Säuglingsnahrung zugelassen.
Säuglingsanfangsnahrung
Wenn das Baby nicht oder nicht ausschließlich gestillt wird, sollte es eine Säuglingsanfangsnahrung (Pre-Nahrung) erhalten, die den gesetzlichen Regelungen entspricht. Säuglingsanfangsnahrungen sind von Geburt an und für das gesamte erste Lebensjahr geeignet.
Folgenahrung
Sie kann frühestens mit Beginn der Beikostfütterung gegeben werden.
Flaschen- und Spezialnahrung
Die Flaschennahrung für Säuglinge sollte nicht selbst aus Milch oder anderen Rohstoffen hergestellt werden.
Spezialnahrungen für Säuglinge sollten nur nach Rücksprache mit einem Kinder- und Jugendarzt gefüttert werden.
Kinder mit Allergierisiko
Säuglinge einem familiären Allergierisiko, die aber nicht oder nicht ausschließlich gestillt werden (können), sollten im ersten Lebenshalbjahr eine hydrolysierte Säuglingsnahrung (HA-Nahrung) erhalten. Säuglingsnahrungen auf der Basis von Sojaeiweiß oder anderen Tiermilchen (z.B. Ziegen-, Stutenmilch) sind nicht zur Allergievorbeugung geeignet.
Zubereitung von Säuglingsnahrung
Säuglingsnahrung sollte stets frisch vor der Mahlzeit zubereitet werden.
Nicht getrunkene Nahrung sollte verworfen und nicht für die nächste Mahlzeit aufbewahrt oder aufgewärmt werden.
Hinweis zur Zubereitung aus dem Pulver:
- Ausschließlich frisches Leitungswasser entnehmen. (In Deutschland ist Leitungswasser streng kontrolliert, überall erhältlich und preiswert.)
- Wasser immer nur aus dem Kaltwasserhahn entnehmen und so lange ablaufen lassen, bis eine gleichmäßige kühle Temperatur zu fühlen ist.
- Keine Wasserfilter oder Enthärtungsanlagen verwenden.
- Wenn Trinkwasser aus Bleileitungen oder Hausbrunnen verwendet wird, sollte zuvor eine einwandfreie Wasserqualität bestätigt werden.
- Wenn die Wasserqualität unklar ist, sollte abgepacktes, stilles Wasser mit der Kennzeichnung „Für die Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet“ verwenden werden.
- Zum Schutz vor Verbrühungen sollte das Wasser beim Anschütteln der Nahrung lauwarm sein.
Reinigung
Flaschen und Sauger sollten nach dem Gebrauch umgehend mit heißem Wasser und Spülmittel gereinigt werden, um das Festsetzen von Nahrungsresten zu vermeiden. Im häuslichen Bereich bringt das Auskochen oder Sterilisieren von Flaschen und Silikonsaugern keinen weiteren Vorteil. Gummisauger sollten aufgrund ihrer porösen Oberfläche hin und wieder ausgekocht oder häufiger ausgetauscht werden.
Alternative Säuglingsnahrung
In der EU und der Schweiz sind außer Kuhmilch nur bestimmte Proteinquellen aus Ziegenmilch und Sojaproteinisolat für die Herstellung von Säuglingsnahrung zugelassen.
Wichtig: Man muss zwischen Säuglingsnahrung und pflanzlichen Drinks wie Hafer-, Mandel-, Soja-, Macadamia- und Reisgetränken unterscheiden, da letztere nicht für Säuglinge geeignet sind. Auch herkömmliche Tiermilch ist keine geeignete Nahrungsquelle für Säuglinge.
Hinweis: Die Auswahl der richtigen Säuglingsnahrung kann für Eltern angesichts der Produktvielfalt eine Herausforderung darstellen. Der Trend zur Eigenproduktion von Nahrung, der häufig durch Informationen aus dem Internet beeinflusst wird, birgt Risiken. Nicht alle selbstgemachten Rezepte erfüllen die nötigen Sicherheitsstandards.
Ziegenmilch
Ziegenmilcheiweiß ist eine gute Alternative zu Kuhmilchprotein. Es wurde 2013 von der European Food Safety Authority als sichere Proteinquelle für Säuglingsnahrung eingestuft. Studien zeigen, dass Säuglinge, die mit Ziegenmilchprotein ernährt werden, ähnlich gut gedeihen wie jene, die Kuhmilchprotein erhalten.
Es besteht jedoch die Möglichkeit von Kreuzallergien zwischen Kuh- und Ziegenmilchprotein: Säuglinge mit einer Kuhmilchproteinallergie sollten daher keine ziegenmilchbasierte Säuglingsnahrung erhalten.
Es wurde kein signifikanter Unterschied im Auftreten von Hauterkrankungen wie atopischer Dermatitis und Nahrungsmittelallergien zwischen ziegenmilch- und kuhmilchbasierter Nahrung festgestellt. Daher wird Ziegenmilch nicht speziell zur Allergieprävention empfohlen.
Sojaproteinisolat
Sojaproteinisolat gilt als sicher und zeigt in Studien keine negativen Auswirkungen auf die Entwicklung von Säuglingen im Vergleich zu gestillten oder mit Kuhmilchprotein ernährten Kindern.
Es gibt jedoch Bedenken hinsichtlich bestimmter Inhaltsstoffe wie Phytat und Aluminium. Isoflavone in Sojaproteinen, die östrogenähnliche Eigenschaften haben, führen zu erhöhten Serumkonzentrationen von Östrogen bei Säuglingen, nachteilige immunologische Effekte wurden jedoch nicht beobachtet. Die langfristigen Auswirkungen von Sojaprotein-basierter Säuglingsnahrung auf die Reproduktionsorgane sind noch nicht vollständig geklärt.
Weitere Proteinquellen
Es fehlen Belege für die Sicherheit und Eignung von Proteinen aus anderen Tiermilchen oder alternativen Quellen. Daher wird von der Verwendung von Säuglingsnahrung, die auf weniger erforschten Proteinquellen wie Schaf-, Pferde-, Büffel-, Kamel- oder Eselmilch basiert, abgeraten.
Empfehlungen
Aufgrund dieser Unsicherheiten empfehlen Fachgremien eine begrenzte Verwendung von alternativer Säuglingsnahrung im ersten Lebenshalbjahr, insbesondere bei spezifischen medizinischen Bedingungen wie Galaktosämie oder seltener kongenitaler Laktoseintoleranz sowie aus weltanschaulichen Gründen wie bei einer veganen Ernährungsweise.
Im zweiten Lebenshalbjahr wird das Risiko unerwünschter Wirkungen als geringer eingeschätzt. Es gibt derzeit keine ausreichenden Sicherheitsdaten für Säuglingsnahrung, die eine Mischung aus Soja- und Kuhmilchprotein enthält, um eine Empfehlung auszusprechen.
Hydrolysiertes Reisprotein
Säuglingsnahrungen auf Basis von hydrolysiertem Reisprotein, die für Säuglinge mit Kuhmilchproteinallergie entwickelt wurden, sind in einigen europäischen Ländern und der Schweiz erhältlich. Die Produkte werden als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke vermarktet. Reisprotein weist ein anderes Aminosäureprofil als Kuh- oder Frauenmilch auf. Aus diesem Grund wird es mit essenziellen Aminosäuren angereichert, um eine angemessene Versorgung zu gewährleisten.
Obwohl Studien ein adäquates Wachstum bei mit hydrolysiertem Reisprotein ernährten Säuglingen zeigen, bestehen Bedenken hinsichtlich des Gehalts an anorganischen Arsenverbindungen in Reisprodukten. Aufgrund fehlender Langzeitdaten und einer unklaren Obergrenze für eine sichere Arsenzufuhr wird von der Verwendung dieser Säuglingsnahrungen eher abgeraten.
Weiterführende Informationen:
Folgemilch
Zeitpunkt
Mit Einführung der Beikost kann etwa ab dem sechsten Lebensmonat Vollmilch (Kuhmilch) gegeben werden, zum Beispiel im Abendbrei. Für Kleinkinder sollte die Menge an Kuhmilch begrenzt sein (max. 200ml/Tag).
Die Integration von Vollmilch erleichtert die Umstellung auf feste Nahrung.
Normale Vollmilch
Nach dem ersten Geburtstag steht ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Ernährung an: der vollständige Übergang zur normalen Vollmilch. Säuglingsnahrung und spezielle Folgemilch sind nicht mehr erforderlich.
Hinweis: Kuh- bzw. Vollmilch ist im ersten Lebensjahr als alleiniges Getränk oder Trinknahrung ungeeignet. Sie sollte nur zur Zubereitung der Abendbreimahlzeit verwendet werden. Erst nach dem ersten Lebensjahr sollte Trinkmilch in die Ernährung eingeführt werden.
Trinken aus einem Glas
Es wird empfohlen, täglich höchstens 200ml aus einem Glas statt einer Nuckelflasche zu servieren. Dies fördert gesunde Trinkgewohnheiten und minimiert das Risiko von Zahnkaries.
Wichtig: Milch sollte nicht als Einschlafhilfe oder nächtlichen Snack verwendet werden, um gesunde Essgewohnheiten zu unterstützen.
Teil einer ausgewogenen Ernährung
In diesem Alter sollte Milch Teil einer ausgewogenen Ernährung sein, aber nicht als eigenständige Mahlzeit betrachtet werden.
Eine vielseitige und ausgewogene Ernährung ist das Ziel. Genau diese Vielfalt macht spezielle Folgenahrungen im Grunde überflüssig. Der Fokus liegt auf einer ausgewogenen Ernährung, die verschiedene Lebensmittelgruppen einschließt und somit alle notwendigen Nährstoffe liefert.
Weiterführende Informationen:
Koletzko, B., Bührer, C., Jochum, F. et al. Folgenahrungen für Kleinkinder im Alter von einem bis 3 Jahren (sog. Kindermilchgetränke). Monatsschrift Kinderheilkunde 166, 57–61 (2018)