7.5 Die erste Autonomiephase

24.06.2024


Das menschliche Verhalten ist grundsätzlich erfolgsorientiert. Unser Handeln beruht für gewöhnlich auf dem Ziel, ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erreichen. Beim Erwachsenen stellt sich das Gefühl des Erfolgs vorwiegend durch das Erlangen von Geld, Liebe oder Macht ein. Das Kind benötigt kein Geld. Und Liebe hat es in der Regel auch schon. Der Erfolg des Kindes zeichnet sich hauptsächlich aus durch das Erlangen von Zuwendung oder Macht.

Die Kinder bestärken
Es ist eine hervorragende Idee, das Kind in seinem Autonomiebestreben zu stärken und es weitgehend zu unterstützen in der Selbstständigkeit. Unabhängig vom Alter des Kindes können das eigenständige Essen mit dem Löffel (auch bei großer Sauerei) oder ein ehrlich entgegengebrachtes Vertrauen in den Jugendlichen grandiose Erfolgserlebnisse darstellen und das Selbstvertrauen grundsätzlich stärken. Dennoch sollte man versuchen, gut abzuwägen und zu unterscheiden, was die Selbstständigkeit des Kindes fördert und was eher zu Unsicherheit und Chaos (bei Eltern und Kind) führt und nach Grenzen und Ordnung ruft.

Gezieltes Lob
Es ist von großer Bedeutung, Lob gezielt einzusetzen, um das Selbstbewusstsein eines Kindes zu stärken. Eltern sollten sich darauf konzentrieren, ihrem Kind häufig und einfühlsam mitzuteilen, wie gut es bestimmte Aufgaben erledigt oder sich in bestimmten Bereichen entwickelt. Ebenso sollten Eltern sensibel für die einzigartigen Talente und Fähigkeiten ihres Kindes sein und diese besonders würdigen. Ferner ist es von Vorteil, sich der eigenen Stärken und Fähigkeiten bewusst zu sein und diese in die Erziehung und Interaktion mit dem Kind einzubeziehen.

Begrenzt werden sollte die Anwendung von Tadel. Die Wirkung von Sätzen wie „Schon 100. Mal gesagt…“ nimmt mit jeder Wiederholung ab. Dadurch wird nicht nur man selbst, sondern auch das Kind belastet. Es sollte nur dann Kritik geäußert werden, wenn es wirklich ernst gemeint ist und die Angelegenheit einem am Herzen liegt. In solchen Fällen sollte auf Konsequenz geachtet werden. Bei unwichtigen Belanglosigkeiten hingegen kann ein Auge zugedrückt werden.

Klare Grenzen setzen
Dem Kind sollte ausreichend Freiraum gegeben werden, um sich entfalten zu können. Es ist jedoch genauso wichtig, klare Grenzen zu setzen, um ein Gefühl von Sicherheit zu schaffen und Überforderung zu vermeiden. Diese Grenzen sollten dem Kind erläutert werden. Zeigt man Verständnis und erläutert die Gründe hinter den Grenzen, wird dies in jedem Alter geschätzt werden.

Verschiedene Erziehungsmethoden haben ihre eigenen Vor- und Nachteile:

  • positive Verstärkung: Eine Belohnung für positives Verhalten. Bitte nie mit Nahrungsmitteln oder Medien! Am besten mit Zeit, also Beschäftigung.
  • direkte Bestrafung: Eine Konsequenz, die für den Moment als angemessen gehalten wird. Bitte immer mit einer respektvollen Erklärung, was einen nun so traurig stimmt (evtl. zeitversetzt).
  • ausbleibende positive Bestärkung: Die Belohnung bleibt aus. Bitte nie mit Nahrungsmitteln oder Medien! Am besten wieder mit einer respektvollen Erklärung.
  • ausbleibende negative Konsequenz (Königsdisziplin und mit Abstand am effektivsten): Man wird provoziert und lässt sich nicht davon beeindrucken. Der Provokateur verliert schnell die Lust.

Bestes Beispiel für cooles Verhalten aus dem Alltag: Der Schiedsrichter beim Fußball, der seine Karte zeigt, vom Spieler angeschrien und angepöbelt wird – und keine Miene verzieht. Warum? Weil vollkommen klar ist, wer das Sagen hat. Seine Macht muss der Schiri nicht durch Gegenschreien unter Beweis stellen.