Häufigkeit
Nägelkauen (Onychophagie) beginnt üblicherweise im Alter von drei bis vier Jahren und ist besonders zwischen vier und sechs Jahren verbreitet. Während der Pubertät steigt die Häufigkeit des Nägelkauens, vorwiegend bei Jungen. Bei Erwachsenen wird eine Prävalenz von etwa 20% beobachtet.
Ursachen
Die Ursachen des Nägelkauens sind vielfältig und reichen von Nervosität und Anspannung bis zu Reaktionen auf Stress oder Angst. Genetische Faktoren können ebenfalls eine Rolle spielen, insbesondere wenn Eltern in der Vergangenheit ähnliche Verhaltensweisen gezeigt haben.
Auswirkungen
Neben den physischen Folgen wie Hautinfektionen rund um die Nägel und Zahnproblemen kann Nägelkauen auch soziale Konsequenzen haben, etwa in Form von Mobbing.
Es gibt Hinweise darauf, dass Nägelkauen zu einer verringerten Sensibilisierung gegenüber Allergenen führen kann, möglicherweise aufgrund einer erhöhten Exposition gegenüber Mikroorganismen, die das Immunsystem trainieren könnte. Dies sollte jedoch nicht als Anreiz zum Nägelkauen angesehen werden.
Was tun?
Die Behandlung umfasst verschiedene Ansätze. Bei Kindern kann Nägelkauen eine vorübergehende Angewohnheit sein, die ohne spezifische Behandlung verschwindet. Für Eltern ist es wichtig, das Nägelkauen nicht überzubewerten und es als möglichen Ausdruck von Stress zu betrachten. Dennoch ist es wichtig, das Verhalten zu beobachten, um eventuelle psychische Belastungen zu erkennen. Einfache Maßnahmen und die Beratung durch Fachpersonal können unterstützend wirken. Bei schwereren Fällen kann eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich sein.
Nagelpflege
Eine wirksame Methode zur Vorbeugung und Behandlung ist die regelmäßige Pflege der Nägel. Eine gut gepflegte Nagelhaut und kürzere Nägel verringern die Versuchung, Nägel zu kauen. Bei Kindern kann dies in eine spielerische Routine integriert werden. Zudem kann das Auftragen von Bitterstoffen auf die Nägel als Abschreckung dienen. Bitter schmeckende Tinkturen, die auf die Nägel aufgetragen werden, machen das Nägelkauen unangenehm und helfen so, das Bewusstsein für das unbewusste Verhalten zu schärfen.
Verhaltenstherapie
Vehaltenstherapeutische Methoden können dazu beitragen, das Impulsverhalten effektiv zu verändern, insbesondere, wenn sie regelmäßig und bewusst durchgeführt werden. Sie sind hilfreich, um dem Impuls zum Nägelkauen entgegenzuwirken, bevor er einsetzt.
Habit-Reversal-Training
Ein Ansatz ist das Habit Reversal Training, eine verhaltenstherapeutische Technik, die auf der Beobachtung des Nägelkauens basiert.
Hierbei werden im ersten Schritt die Umstände, unter denen das Kauen auftritt, genauer beobachtet. Dies schafft ein Bewusstsein für das Verhalten und dessen Auslöser.
Im zweiten Schritt wird das Kind dazu ermutigt, eine alternative Handlung durchzuführen, sobald es den Impuls verspürt, an den Nägeln zu kauen. Diese Ersatzhandlungen können vielfältig sein, wie das Ballen der Hände zu Fäusten oder das Spielen mit einem Stressball. Solche Handlungen bieten eine sofortige Alternative zum Nägelkauen und helfen dem Kind, den Impuls zu kontrollieren.
Im dritten Schritt gilt es, das Kind zu ermutigen, sich die Vorteile des nicht Kauens ins Gedächtnis zu rufen (Verbesserung der Nagelgesundheit, das Ausbleiben von Schmerzen). Zusätzlich kann die Steigerung des Selbstwertgefühls durch gepflegte Hände als Motivation dienen. Dies kann durch das Setzen kleiner, erreichbarer Ziele und das Anbieten von Belohnungen unterstützt werden. Das Kind könnte sich zunächst zum Ziel setzen, für einen bestimmten Zeitraum, wie eine Stunde oder einen Tag, nicht an den Nägeln zu kauen. Nach erfolgreicher Bewältigung dieses Zeitraums kann das Ziel schrittweise ausgedehnt werden. Wenn das Nägelkauen in bestimmten Situationen häufiger auftritt, wie beim Lesen oder beim Lernen, kann sich das Kind vornehmen, in diesen spezifischen Situationen nicht zu kauen. Als Anreiz können Belohnungen in Form von Stickern oder bei Unternehmungen erfolgen.
Der vierte und letzte Schritt ist die Festigung der neuen Gewohnheit. Hierbei wird das Kind dazu angehalten, sich regelmäßig die Situationen vorzustellen, in denen es üblicherweise Nägel kaut, und sich dann gedanklich vorzunehmen, stattdessen die gewählte Ersatzhandlung durchzuführen. Dieses mentale Training stärkt die neue Gewohnheit und hilft dem Kind, langfristig auf das Nägelkauen zu verzichten.
Entkopplungsstrategie
Die Entkopplungstherapie ergänzt diese Technik, indem sie die Bewegung des Fingers zum Mund imitiert, aber kurz vor Erreichen des Mundes umlenkt – beispielsweise zum Ohr oder zum Hals. Dies kann dazu beitragen, den Drang zu kauen, ohne tatsächlich Nägel zu kauen, zu befriedigen.
In-sensu-Methode
Ebenfalls nützlich kann die In-sensu-Methode sein, bei der das Kind ermutigt wird, sich das Nägelkauen vorzustellen und dann bewusst eine andere Handlung durchzuführen, wie das Ballen einer Faust oder das Berühren eines anderen Gegenstandes. Diese Methode hilft, den Impuls zu kontrollieren, bevor er in tatsächliches Kauen umschlägt.