14.1.2.2 Erkrankungen

19.11.2024


Vorhautverklebung
Vorhautverklebungen sind im Kleinkindes- und Kindesalter häufig und physiologisch. Die Vorhaut des Penis kann nicht vollständig von der Eichel gelöst werden, da Anteile der Vorhaut mit der Eichel verklebt sind. Im Unterschied zur physiologischen Phimose besteht hier jedoch keine Enge an sich. Während der Pubertät wird der Lösungsprozess durch die erhöhte Testosteronproduktion im Körper begünstigt.

Was tun?
In der Vergangenheit wurde oft eine Vorhautlösung mittels einer Knopfsonde durchgeführt. Dieses Vorgehen ist heute aufgrund eines besseren Verständnisses der natürlichen Entwicklung als überholt und nicht mehr indiziert angesehen. 
Stattdessen wird ein normales Hygieneverhalten, einschließlich täglicher Reinigung, empfohlen. Dies unterstützt nicht nur den natürlichen Lösungsprozess, sondern hilft auch, lokale Entzündungen zu vermeiden.

In seltenen Fällen (z.B. bei hartnäckigen Restverklebungen), die mit Smegmaretention einhergehen, kann es notwendig sein, den Lösungsprozess medikamentös zu unterstützen. In solchen Fällen kann die Anwendung einer kortikoidhaltigen Creme (Prednicarbat) angebracht sein. Diese Maßnahmen sollten jedoch nur unter ärztlicher Anleitung und nach sorgfältiger Abwägung der Notwendigkeit erfolgen.

 

Phimose
Bei einer Phimose (Vorhautverengung) kann die Vorhaut nicht über die Eichel (Glans penis) zurückgezogen werden.

Häufigkeit
Bei etwa 1–3 % der Jungen in der Pubertät wird eine echte Phimose diagnostiziert.

Hinweis: Diese Situation ist von der physiologischen Phimose (Vorhautverklebung) zu unterscheiden, die bei männlichen Säuglingen und Kleinkindern auftritt und als normaler Entwicklungsprozess gilt. 
Bei 96 % der neugeborenen Jungen ist eine physiologische Phimose vorhanden. Sie löst sich in der Regel zwischen dem 3.–5. Lebensjahr spontan.

Ursachen
Ursachen können lokale Entzündungen, gewaltsame Retraktionsversuche (Zurückziehen der Vorhaut) oder ein Lichen sclerosus (chronisch-entzündliche Hautkrankheit) sein.

Wichtig: Wiederholte Manipulationen an der Vorhaut in jungen Jahren sind zu vermeiden, um Verletzungen, Entzündungen und Vernarbungen zu verhindern. 

Klinik
In extremen Fällen kann eine Phimose zu Beschwerden beim Wasserlassen oder Blasenentleerungsstörungen führen.

Was tun?
Die Phimose ist ein sensibles Thema, oft umgeben von Missverständnissen und Tabus. Es ist von Bedeutung, Jungen aufzuklären, dass das Zurückziehen der Vorhaut ein normaler und notwendiger Vorgang für die Hygiene und Gesundheit ist. 

Die Phimose wird zunächst konservativ behandelt. Bei 60–75 % der Betroffenen bessert sich die Phimose nach einer vierwöchigen Behandlung mit Kortisonsalben. Bleibt die Phimose bestehen, kann eine Zirkumzision (Beschneidung) notwendig werden.
Indikationen für eine Zirkumzision sind unter anderem ein Zustand nach Paraphimose (Einklemmung der Vorhaut), Miktionshindernisse (Probleme beim Urinieren), Kohabitationshindernisse (Probleme beim Geschlechtsverkehr), rezidivierende Balanitiden (akute Entzündungen) mit Narbenbildung und ein Lichen sclerosus (chronische Entzündung).

Wichtig: Verursacht eine Phimose keine Beschwerden, besteht keine Indikation zur Zirkumzision vor dem Abschluss der Pubertät. Die Beschneidung vor dem Ende der Pubertät ist bei einer asymptomatischen Phimose somit nicht leitliniengerecht.

Merke: Eine medizinisch nicht indizierte Zirkumzision ohne wirksame Einwilligung wird in Deutschland rechtlich als Körperverletzung angesehen. 
Bei Jungen mit Migrationshintergrund ist die Beschneidungsrate höher, wobei kosmetische und rituelle Gründe zunehmend kontrovers diskutiert werden.

Leitlinie zur Behandlung der Phimose und Paraphimose bei Kindern und Jugendlichen

 

Penispapeln
Penispapeln (Hirsuties papillaris penism Hornzipfelchen) sind kleine (ca. 1–3mm), perlartige, weißliche bis leicht gelbliche Erhebungen, die häufig an der Kranzfurche des Penis auftreten. Sie bestehen aus Bindegewebe und sind völlig harmlos.

Häufigkeit
Sie sind bei 15–25 % der Jungen in der Pubertät und bei etwa 10–30 % der erwachsenen Männer zu finden. Bei Männern, die beschnitten sind (Zirkumzision), kommen diese Papeln seltener vor.

Wichtig: Penispapeln stehen nicht mit sexueller Aktivität in Verbindung und sind kein Anzeichen für eine Geschlechtskrankheit.

Klinik
Obwohl diese Papeln medizinisch unbedenklich sind, können sie bei betroffenen Jungen und Männern für Verunsicherung sorgen, vor allem aus Angst vor Geschlechtskrankheiten. Dies kann sich auch auf Beziehungen auswirken.

Diagnostik
Normalerweise ist keine weitergehende Diagnostik erforderlich, wenn das typische Erscheinungsbild vorliegt.

Differenzialdiagnosen
Penispapeln sollten von anderen Hautveränderungen wie Mollusca contagiosa (Dellwarzen), Lichen ruber, bowenoiden Papeln, Feigwarzen (Condylomata acuminata) und den Condylomata lata bei Syphilis unterschieden werden.

Was tun?
Wenn die Papeln einen erheblichen Leidensdruck verursachen, kann eine Behandlung in Betracht gezogen werden. Die derzeit effektivste Methode ist die CO2-Laserbehandlung. Eine weitere Möglichkeit ist die Elektrokauterisation. Beide Verfahren werden in lokaler Betäubung durch Hautärzte oder plastische Chirurgen durchgeführt.

Hinweis: Die Betroffenen sollten im Vorfeld über eine mögliche Narbenbildung aufgeklärt werden, die durch die Behandlung entstehen kann.

 

Lichen sclerosus
Lichen sclerosus ist eine chronische, entzündliche und nicht ansteckende Hauterkrankung. Meistens betrifft diese Erkrankung die Vorhaut des Penis.

Ursache
Man nimmt an, dass sie durch autoimmune Prozesse verursacht wird, bei denen das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreift. 

Klinik
Die Erkrankung kann dazu führen, dass die Vorhaut schrumpft und sich verengt. In einigen Fällen kann sie auch eine Verengung der Harnröhre verursachen, was zu schmerzhaftem und erschwertem Wasserlassen führen kann.

Was tun?
Die Behandlung der Wahl ist in der Regel eine Zirkumzision (Beschneidung). In leichten Fällen kann eine Behandlung mit Kortison hilfreich sein. 
Hinweis: Hinsichtlich der genauen Ursachen und der optimalen Behandlung von Lichen sclerosus besteht weiterer Forschungsbedarf.

 

Hämatospermie
Hämatospermie bezeichnet das Auftreten von Blut im Ejakulat, was gelegentlich bei der Masturbation vorkommen kann.
Dieses Phänomen kann bei den Betroffenen erhebliche Angst auslösen, besonders da Masturbation immer noch von manchen mit falschen Moralvorstellungen stigmatisiert wird.

In den meisten Fällen ist eine Hämatospermie jedoch harmlos und verschwindet von selbst wieder. Bei der körperlichen Untersuchung findet sich in der Regel keine zugrundeliegende Erkrankung.

Eine spezielle Behandlung ist meistens nicht erforderlich. Es ist jedoch wichtig, sexuell übertragbare Krankheiten als mögliche Ursache auszuschließen.

 

Veränderungen am Hoden

Normaler Hoden
Ein gesunder Hoden fühlt sich normalerweise glatt und ovalär an. Geringfügige Größenunterschiede zwischen den beiden Hoden normal sind.

Größenunterschiede
Während der Pubertät ist es nicht ungewöhnlich, dass die Hoden unterschiedlich schnell wachsen. Bedeutsame Größenunterschiede sollten jedoch medizinisch abgeklärt werden, um das Vorliegen von Erkrankungen wie Varikozele oder Tumoren auszuschließen.

Hodenschmerzen
Leichte Schmerzen sind vorwiegend harmlos und können durch das Wachstum der Hoden in der Pubertät verursacht werden. Dennoch ist es wichtig, die Hoden bei Schmerzen zu untersuchen. 

Hodenhochstand
Der Hodenhochstand ist eine häufige angeborene Anomalie, bei der ein oder beide Hoden nicht in den Hodensack absteigen. Diese Situation kann zu Fertilitätsproblemen und einem erhöhten Krebsrisiko führen und sollte idealerweise vor dem ersten Geburtstag behandelt werden.

Zysten
Zysten wie Spermatozelen oder Funikulozelen sind meist harmlos und müssen selten behandelt werden.

Varikozele
Eine Varikozele ist eine Erweiterung der Venen im Hodensack. Sie kann Schmerzen verursachen und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Ggf. ist eine operative Behandlung notwendig.

Hodentorsion
Eine dringende medizinische Situation ist die Hodentorsion, bei der sich der Hoden um seine Achse dreht. Die Blutzufuhr des Hodens ist beeinträchtigt. Die Betroffenen haben starke Schmerzen. Eine sofortige Behandlung ist erforderlich, um den Hoden zu retten.

Hydatidentorsion
Die Hydatidentorsion (Torsion der Anhänge des Hodens) kann ähnliche Symptome wie eine Hodentorsion verursachen, ist aber in der Regel weniger schwerwiegend.

Weiterführende Informationen:
Stier, B., Schmittenbecher, P. Jungenmedizin bei Adoleszenten. Monatsschrift Kinderheilkunde 160, 638–645 (2012)