14.2.1.3 Erkrankungen

19.11.2024


Vulvovaginitis

Häufigkeit
Die Vulvovaginitis (Entzündung des äußeren Genitales) ist v.a. in der hormonellen Ruhephase ein häufiges Krankheitsbild.

Ursachen
Bei den meisten Kindern, die wegen Beschwerden im Bereich der Vulva vorgestellt werden, ist eine unspezifische Reizung die Ursache.

Die Mädchen beginnen, sich nach dem Toilettengang selbst zu säubern. Bei falscher Technik beim Abwischen kann es zu einer Kontamination der Scheide mit Stuhl kommen. Außerdem versuchen Mädchen häufig, ohne Kindertoilettensitz zu urinieren, erreichen aber mit den Füßen noch nicht den Boden. So kann es passieren, dass sie mit gesenktem Po und geschlossenen Oberschenkeln urinieren, was dazu führt, dass Urin rückwärts in die Scheide fließt. Beim Aufstehen sammelt sich dieser Urin in einer Vertiefung am Eingang zur Vagina und kann ebenfalls zu lokalen Reizungen führen.

Klinik
Die Beschwerden sind vielfältig:

  • Juckreiz
  • Brennen
  • unangenehmes Gefühl am Genitale
  • rezidivierende Rötung des Genitales
  • gelblich-grünlicher, übel riechender Ausfluss
  • Dysurie (Schmerzen beim Wasserlassen)

Hinweis: Häufig werden die Mädchen mit der Verdachtsdiagnose einer chronisch rezidivierenden Genitalmykose, also einer wiederkehrenden Pilzinfektion, vorgestellt.

Diagnostik
Bei der Untersuchung können unterschiedliche Befunde festgestellt werden. Manchmal lässt sich der beschriebene Ausfluss nachweisen. Die Vulva und das Hymen können eine vermehrte Gefäßzeichnung oder eine Rötung aufweisen. Oft kann auch Smegma (Ansammlung von Urinresten, Schweiß und Cremes) in den Falten zwischen den Schamlippen gefunden.

Wichtig: Nicht jeder Ausfluss gilt als pathologisch. Nicht jeder Juckreiz ist auf eine Entzündung oder Infektion zurückzuführen. Pilzinfektionen sind in der hormonellen Ruhephase in der Regel nicht zu finden, es sei denn, es liegt eine Grunderkrankung vor.

Was tun?
Die wichtigste Therapie, die auch langfristig Erfolg verspricht, ist die Aufklärung von Patientin und Eltern über Genitalhygiene und Miktionshaltung:

  •  Anleitung zum Wasserlassen: Einen Kinderaufsitz verwenden oder mit einer Unterlage unter den Füßen, wobei die Oberschenkel weit gespreizt und die Haltung aufrecht sein sollte
  • richtige Abwischrichtung: von vorn nach hinten
  • tägliche Reinigung: Das äußere Genital sollte einmal täglich, bevorzugt abends, mit klarem Wasser gereinigt werden.
  • Vermeiden von reizenden Substanzen wie Badezusätzen oder Waschlotionen
  • Verzicht von Feuchttüchern
  • Tragen bequemer Kleidung
  • Pflege mit einer neutralen, lipidhaltigen Creme zur Unterstützung der natürlichen Hautbarriere

Eine antibiotische Behandlung wird nur bei nachgewiesenen Krankheitserregern empfohlen. Antimykotika (Pilzmittel) haben außerhalb der Windelphase und vor der Pubertät keinen Stellenwert.

Spezifische Infektionen
Bei ausgeprägter Symptomatik sollte unterschieden werden zwischen einer unspezifischen Vulvovaginitis und anderen Ursachen wie spezifischen Infektionen (z.B. Oxyuren).
Bei starker Rötung der Vulva (und manchmal des Perianalbereichs) sollte ein Abstrich genommen werden:

  • In bis zu 20 % der Fälle lassen sich Streptokokken der Gruppe A nachweisen, die oral mit einem Cephalosporin der 1. Generation (Cefadroxil) behandelt werden können.
  • In 10–25% der Fälle von Vulvovaginitis werden Oxyuren (Madenwürmer) festgestellt.

Vulvovaginitis durch Oxyuren
Typisch ist der nächtliche anale Juckreiz, der durch lokale Reizung und Histaminausschüttung verursacht wird. Manchmal erwachen betroffene Mädchen nachts weinend und klagen über starke Schmerzen im Scheidenbereich, möglicherweise verursacht durch das Eindringen der Würmer in die Vagina. Die Diagnose erfolgt mittels eines analen Klebestreifentests am Morgen. Die Behandlung erfolgt mit Anthelminthika, ggf. auch probatorisch ohne vorherigen Nachweis.

Lichen sclerosus
Der Lichen sclerosus ist eine chronische, entzündliche Autoimmunerkrankung, die bevorzugt die Haut im Anogenitalbereich betrifft.

Häufigkeit
Etwa eines von 900 Mädchen leidet an dieser Erkrankung. Das durchschnittliche Alter bei Ausbruch liegt bei etwa 5 Jahren, das Alter bei Diagnosestellung bei fast 7 Jahren.

Verlauf
Die Erkrankung zeigt einen zweigipfeligen Verlauf mit einer Häufung in der präpubertären Phase und nach der Menopause.

Ursachen
Die genauen Ursachen sind größtenteils unbekannt, es wird jedoch von einer Kombination verschiedener Faktoren mit einer autoimmunen Komponente ausgegangen. Häufig besteht eine Verbindung zu anderen Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis oder Diabetes mellitus. Auch eine familiäre Vorbelastung mit Autoimmunerkrankungen ist oft zu beobachten.

Klinik
Typische Symptome sind starker Juckreiz, insbesondere abends oder nachts, sowie Schmerzen und Brennen im Vulvabereich. Mögliche sekundäre Symptome sind Verstopfung (bei Befall des Perianalbereichs), Schmerzen beim Wasserlassen und oberflächliche Blutungen. 

Diagnostik
Für die Diagnose ist der typische klinische Befund ausschlaggebend: Der Lichen sclerosus bildet häufig eine charakteristische 8-Form um Vulva und Anus. Die Haut erscheint gerötet, gespannt und glänzend. Im frühen Stadium sind oft Furchen und Rillen zu sehen, später können Verhärtungen und eine weißliche Hautatrophie auftreten. 

Im Gegensatz zu Erwachsenen sollte bei Kindern keine Biopsie zur Diagnosesicherung durchgeführt werden.
Hinweis: Oft wird die Diagnose erst spät gestellt, da die Symptome fälschlicherweise auf Pilz- oder bakterielle Infektionen zurückgeführt werden.

Was tun?
Die Therapie beginnt mit Basismaßnahmen wie dem Vermeiden lokaler Reizungen und guter Genitalhygiene.
Die spezifische Erstbehandlung besteht aus starken topischen Steroiden (Clobetasolproprionat), die nach einem absteigenden Schema angewendet werden. Nach der Steroidtherapie folgt eine Erhaltungstherapie mit einer lipidhaltigen Pflegecreme.

Ein Therapieversagen der Steroidtherapie ist selten. Wenn sich die Symptome nicht bessern, sollte die Diagnose überprüft und andere mögliche Ursachen ausgeschlossen werden. Als zweite Behandlungslinie kommen topische Calcineurininhibitoren (Pimecrolimus 1%, Tacrolimus 0,03%) zum Einsatz, die als Immunsuppressiva/Immunmodulatoren wirken.

Prognose
Bei Kindern kann in etwa 22 % der Fälle eine dauerhafte und vollständige Remission erreicht werden. Allerdings rezidivieren 75 % der präpubertär diagnostizierten Fälle auch nach der Pubertät.
Eine Assoziation mit Plattenepithelkarzinom oder anderen Neoplasien wurde bei Kindern bisher nicht beobachtet (Karzinomrisiko bei Erwachsenen < 5 %).

Wichtig: Eine verzögerte oder falsche Behandlung kann dauerhafte Schäden an der Vulva verursachen!

Labiensynechie
Bei der Labiensynechie sind die kleinen Schamlippen (Labien) teilweise oder vollständig miteinander verwachsen. Es besteht eine dünne Membran, die die Vulva verschließt.

Häufigkeit
Etwa 1,8 % der Mädchen im Alter von 3 Monaten bis 4 Jahren sind betroffen, wobei der Häufigkeitsgipfel zwischen 13 und 23 Monaten liegt.

Ursachen
Die Labiensynechie wird durch einen natürlichen Mangel an Östrogen während der hormonellen Ruhephase begünstigt und kann auch durch Entzündungen, mangelnde Hygiene oder die Verwendung von Feuchttüchern hervorgerufen werden. 

Klinik
Oft wird die Labiensynechie zufällig bei Routineuntersuchungen entdeckt, da sie meist symptomlos verläuft. In manchen Fällen können die Labien aber so stark miteinander verwachsen sein, dass nur eine kleine Öffnung über der Harnröhre bleibt, was den Harnfluss beeinträchtigen kann. 

Komplikationen

  • abweichender Urinstrahl
  • Nachträufeln von Urin nach dem Wasserlassen
  • asymptomatische Bakteriurie oder Harnwegsinfekte
  • Obstruktion mit nachfolgender Blasenerweiterung und Hydronephrose (selten)

Was tun?
Die Behandlung basiert auf konsequenter Hygiene und dem Verzicht von reizenden Substanzen.
Eine spezifische Behandlungsmethode ist die Anwendung einer estriolhaltigen Creme für vier Wochen, die direkt auf die Verwachsung aufgetragen wird.
Eine chirurgische Trennung der Membran wird nur empfohlen, wenn die konservative Therapie fehlschlägt und klinische Symptome wie Nachträufeln von Urin oder wiederkehrende Harnwegsinfekte auftreten. 
Bei ungestörter Miktion kann auf eine Behandlung verzichtet werden.

Prognose
Spontane Besserungen treten in bis zu 80 % der Fälle innerhalb eines Jahres auf. Die Erfolgsraten der Estriol-Therapie variieren, die meisten Studien zeigen jedoch eine hohe Erfolgsrate von über 90 %. Die Rezidivraten nach der Behandlung mit Estriol sind eher gering.

Wichtig: Eltern sollten über die Gutartigkeit der Erkrankung und ihre Selbstlimitierung mit Beginn der Pubertät aufgeklärt werden.
 

Gynäkologische Erkrankungen
Neben einigen spezifischen Krankheiten, die in der Kindheit auftreten, gibt es auch gynäkologische Erkrankungen, die sowohl Kinder als auch Jugendliche betreffen können. Hierzu gehören unter anderem:

  • genetische Störungen
  • Fehlbildungen der Geschlechtsorgane
  • Verletzungen (darunter auch solche, die durch sexuellen Missbrauch entstehen können)
  • Fremdkörper in der Scheide

Ovarialtorsion
Die Ovarialtorsion (Verdrehung des Eierstocks) ist ein medizinischer Notfall.

Häufigkeit
Betroffen sind etwa 2,7 % der Mädchen und jungen Frauen.

Klinik
Die Erkrankung ist schwer zu diagnostizieren, weil die Symptome unterschiedlich sein können. Typischerweise haben die Betroffenen starke Bauchschmerzen, die so ernst sind, dass eine Operation notwendig sein kann, um das Problem zu erkennen und zu behandeln.

Menstruationsbedingte Beschwerden 
Viele Jugendliche erleben ungewöhnliche Blutungen oder Schmerzen während ihrer Menstruation, was oft der Grund für einen Arztbesuch ist.

Ursachen
Unregelmäßige Blutungen sind meistens durch die noch unregelmäßigen Eisprünge bedingt.
Regelschmerzen treten häufiger auf, wenn sich regelmäßige Zyklen entwickelt haben.

Was tun?
Die Behandlung kann einfache Schmerzmittel wie Ibuprofen oder spezielle Medikamente beinhalten. In einigen Fällen können auch hormonelle Behandlungen wie die Pille hilfreich sein. Bei starken oder anhaltenden Problemen kann eine genauere Untersuchung erforderlich sein, um andere Ursachen auszuschließen.

Weiterführende Informationen:
Günther, V., Bauer, M., Maass-Poppenhusen, K. et al. Kinder- und Jugendgynäkologie – eine aktuelle Übersicht. Monatsschrift Kinderheilkunde 171, 833–847 (2023)