Indikation
Die Verordnung medizinischer Heilmittel unterliegt den verbindlichen Regeln der „Heilmittelverordnung“. Zunächst wird geprüft, ob die Krankenkasse zuständig ist. Dies ist bei allen medizinischen Störungen und Krankheitsbildern der Fall.
Eine Heilmittelverordnung wird somit aufgrund einer ärztlich festgestellten Erkrankung mit entsprechender therapeutischer Indikation ausgestellt.
Keine Indikation
Es ist nicht vorgesehen, dass der Therapeut die Diagnose stellt und die Indikation zur Behandlung festlegt. Daher sind Überweisungen an Heilmittelerbringer zu diesem Zweck ausgeschlossen.
Allgemein gehaltene pädagogische Begriffe wie Entwicklungsverzögerung, Wahrnehmungsstörung, Konzentrationsmangel oder sensorische Integrationsstörung werden von den Krankenkassen nicht als medizinische Diagnosen anerkannt. Heilmittel werden somit nicht verordnet, wenn bei Kindern heilpädagogische, sonderpädagogische und psychologische Maßnahmen im Vordergrund stehen. Auch Lernstörungen wie die Lese-Rechtschreibschwäche fallen in diese Kategorie. In solchen Fällen sind das Schulsystem und das Jugendamt für die Hilfestellung zuständig.
Merke: Heilmittel werden ausschließlich durch den Arzt verordnet, wenn dieser eine medizinische Störung diagnostiziert. Eine klare Zielvorgabe an den Therapeuten ist erforderlich. Heilmittel sind kein Instrument zur pädagogischen Förderung.
Therapieziele
Die Therapieziele müssen konkret und realistisch in einer bestimmten Zeit erreicht werden können und das Kind muss motiviert sein. Sie müssen klar überprüfbar sein, ähnlich wie bei der Verordnung eines Medikaments. Wie bei einer pädagogischen Förderung müssen Arzt und Eltern gemeinsam Ziele definieren, einen zeitlichen Rahmen festlegen und den Therapieerfolg überprüfen. Im Gegensatz zur pädagogischen Förderung sind medizinisch verordnete Therapien stets zeitlich begrenzt.
Mitarbeit der Eltern
Für eine Heilmitteltherapie ist die aktive Mitwirkung der Eltern erforderlich. Dies ist eine essenzielle Forderung der „Heilmittelrichtlinien“. Eine Heilmittelpraxis zeichnet sich durch die Vergabe von „Hausaufgaben“ aus, um die Therapieziele im Familienalltag umzusetzen. Es ist wichtig, regelmäßig mit den Eltern oder Betreuenden darüber im Austausch zu sein.
Vorgaben der Krankenkassen
Die Leistungen für gesetzlich krankenversicherte Patienten müssen den Vorgaben „wirtschaftlich, ausreichend, notwendig und zweckmäßig“ entsprechen. Das Verordnungsverhalten eines Arztes in der Heilmittelprüfung durch Krankenkassen wird an dieser Vorgabe gemessen. Wenn Probleme in der KiTa oder Schule erkannt werden, ist es hilfreich, eine Beschreibung darüber zu geben, wie der Alltag des Kindes belastet wird, welcher Behandlungsauftrag vorliegt, welche Zielvereinbarungen getroffen wurden und wie diese überprüfbar sind. Es ist wichtig, im Vorfeld eine Vorstellung davon zu haben, wie viele Behandlungseinheiten notwendig sind, um diese Zielvereinbarungen realistisch zu erreichen.
Vorgehen bei Entwicklungsverzögerung
Eltern oder Sorgeberechtigte von Kindern und Jugendlichen, bei denen eine Entwicklungsverzögerung oder -störung vermutet wird, sollten sich als konkrete Handlungsempfehlung an den behandelnden Kinder- und Jugendarzt wenden. Dieser wird nach individueller Abwägung darüber entscheiden, ob eine weitere Diagnostik oder eine entsprechende Therapie erforderlich ist. Schriftliche Informationen von KiTas oder Schulen können hilfreich sein, um eine optimale Versorgung der Kinder und Jugendlichen sicherzustellen.
Rolle des Kinderarztes
Der Kinder- und Jugendarzt spielt eine zentrale Rolle bei der Steuerung der weiteren Diagnostik und Therapie. Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Kindes oder Jugendlichen entscheidet er, ob und welche weiterführenden Maßnahmen notwendig sind. Für eine effiziente und zielgerichtete Weiterleitung sind detaillierte schriftliche Informationen über die bisherigen Beobachtungen und eventuelle Voruntersuchungen essenziell. Diese Informationen sind wichtig für die Entscheidungsfindung bezüglich der Notwendigkeit weiterer diagnostischer Schritte oder spezifischer Therapien.
Diagnostik
Obwohl viele Untersuchungen und Behandlungen direkt in der Praxis des Kinder- und Jugendarztes durchgeführt werden können, kann es in bestimmten Fällen erforderlich sein, spezialisierte Einrichtungen hinzuzuziehen.
Die Abklärung von Kindern im Vorschulalter erfolgt vorrangig in einer Interdisziplinären Frühförderstelle oder einem Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ). Dort werden sie sowohl medizinisch-therapeutisch als auch heilpädagogisch-psychologisch untersucht und gefördert.
Kinder im Grundschulalter werden auf Veranlassung des niedergelassenen Kinderarztes umfassend organisch und psychosozial in einem SPZ multiprofessionell abgeklärt, insbesondere in Bezug auf ihr Verhalten, ihre Sprache und ihre Konzentration. In weiterführenden Schulen wenden sich Kinder und Jugendliche in der Regel an einen niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiater.
Bei pädagogisch-psychologischen Fragestellungen wie Motivation, Selbstkonzept, Schulvermeidung, verhaltensbezogene Auffälligkeiten, Überforderung, Unterforderung, Lese-Rechtschreibschwäche oder Rechenschwäche sollte in erster Linie die Beratungslehrkraft der Schule oder alternativ eine Schulpsychologische Beratungsstelle hinzugezogen werden.
Fazit
Die zentrale Steuerung durch den Kinder- und Jugendarzt ermöglicht eine gezielte und individuell abgestimmte Weiterleitung an spezialisierte Einrichtungen. Diese koordinierte Vorgehensweise gewährleistet eine umfassende und effektive Unterstützung und Förderung für Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsverzögerungen oder -störungen.