In den letzten zehn Jahren hat sich die Mediennutzung deutlich verändert. Smartphones und Tablets sind mittlerweile fester Bestandteil des Alltags in allen Altersgruppen. Elternbefragungen verdeutlichen, dass schon kleine Kinder in einer von Medien geprägten Welt aufwachsen. Eine wichtige Aufgabe für Eltern und Erzieher ist es, einen ausgewogenen Medienkonsum zu fördern, um Kinder auf die digitale Welt vorzubereiten.
Häufigkeit
Im Jahr 2018 besaßen bereits über die Hälfte der 6- bis 13-Jährigen ein eigenes Smartphone. Diese Altersgruppe verbringt im Durchschnitt täglich 82 Minuten mit Fernsehen und 45 Minuten im Internet. Obwohl die Nutzung neuer Medien wie Computer und Internet zunimmt, bleibt das Fernsehen eine zentrale Medienquelle für Kinder.
Bildschirmtechnologien bieten sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Um die Medienwirkung zu verstehen und in eine effektive Medienerziehung zu integrieren, ist es wichtig, die Bedürfnisse der Kinder in den verschiedenen Entwicklungsphasen zu berücksichtigen.
Forschungsergebnisse
Die Forschung zeigt, dass die Bildschirmmediennutzung bei Kindern unter drei Jahren keinen langfristigen Nutzen hat, weder im Alltag noch in pädagogisch ausgerichteten Studien. Insbesondere bei jüngeren Kindern sind negative Effekte auf die körperliche, sozioemotionale und kognitive Entwicklung deutlich nachweisbar.
Auch bei älteren Kindern sind negative Auswirkungen von Bildschirmmedien auf verschiedene Bereiche belegt. Dazu zählen Verzögerungen in der Sprach- und Bewegungsentwicklung, Schlafstörungen, Übergewicht, Verminderung von Empathie und Auffälligkeiten im Sozialverhalten sowie erhöhte Aggressivität. Auch schlechtere Lese- und allgemeine Schulleistungen sind zu beobachten. Bezüglich ADHS, erhöhtes Risiko für Alkohol- und Nikotinabhängigkeit sowie Beeinträchtigungen im kreativen Spiel, ist die Studienlage weniger klar.
Die vorliegenden Studien basieren hauptsächlich auf Querschnitts- oder kurzfristigen Längsschnittstudien. Therapieberichte zeigen zudem, dass frühzeitiger Kontakt mit Bildschirmmedien das Risiko für Mediensucht, einschließlich Computerspielabhängigkeit, erhöhen kann.
Negative Auswirkungen
Die negativen Auswirkungen der Nutzung von Bildschirmmedien lassen sich auf drei Hauptproblembereiche zurückführen:
- zeitlicher Umfang
- Inhalte
- Zweck der Nutzung
Zeitlicher Umfang
Der Konsum von Bildschirmmedien hält die Kinder von wichtigen Entwicklungsaktivitäten wie Erholung, Schlaf und Bewegung ab (Verdrängungshypothese). Aus diesem Grund empfiehlt die American Academy of Pediatrics, dass Kinder unter zwei Jahren keine Bildschirmmedien nutzen sollten.
Studien zeigen, dass bereits eine tägliche Fernsehdauer von über 45 Minuten die Leseleistungen von 6- bis 7-Jährigen beeinträchtigen kann. In Deutschland überschreiten viele Kinder dieser Altersgruppe die empfohlene Fernsehzeit.
Inhalt
Problematisch sind insbesondere ungeeignete Inhalte wie Gewaltdarstellungen oder Werbung für ungesunde Lebensmittel. Gewalthaltige Medien können zu einer Abstumpfung gegenüber Gewalt und einer Verringerung der Empathiefähigkeit führen. Werbung kann die Wahl ungesunder Ernährung beeinflussen. Die Nichtbeachtung von Altersempfehlungen, wie durch FSK und USK festgelegt, führt oft zu inadäquater Mediennutzung.
Zweck der Nutzung
Problematisch ist, wenn Medien durch die Eltern zu Betreuungs-, Bestrafungs- oder Belohnungszwecken instrumentalisiert werden. Auch die Verwendung von Medien zur Stimmungsregulation kann ein Risikofaktor für Computerspielabhängigkeit sein. Die Substitution realer Sozialkontakte durch virtuelle Kontakte ist ebenfalls problematisch.
Hintergrundmedienexpositon
Bei jüngeren Kindern ist zusätzlich die sog. Hintergrundmedienexposition zu berücksichtigen, wenn sie passiv in einer Umgebung mit eingeschalteten Bildschirmgeräten sind. Dies kann zu einer verminderten Interaktion und sprachlichem Austausch zwischen Eltern und Kindern führen.
Auswirkungen von Videospielen
Action-Videospiele können auch positive Auswirkungen auf die Aufmerksamkeit und kognitiven Fähigkeiten haben, insbesondere bei jungen Erwachsenen und Kindern. Studien zeigen, dass solche Spiele bei jungen Erwachsenen die Entscheidungsgeschwindigkeit, Aufmerksamkeitsfokussierung und perzeptuelle Fähigkeiten verbessern können. Die zugrunde liegende Verbesserung scheint in einer effizienteren Aufmerksamkeitskontrolle zu liegen.
Bei Kindern zeigt sich, dass regelmäßige Videospieler in Aufgaben wie Reaktionszeitmessungen und visuell-räumlichen Herausforderungen besser abschneiden. Trainingsstudien mit Spielen, die räumliches Denken fördern, haben ähnliche Verbesserungen gezeigt. Zudem können durch Videospieltraining induzierte Fähigkeiten therapeutisch genutzt werden, beispielsweise zur Unterstützung von Kindern mit Dyslexie oder Amblyopie. Hierdurch erfahren sie Verbesserungen in der visuell-räumlichen Aufmerksamkeit und Lesefähigkeit.
Was tun?
Um Kindern und Jugendlichen im digitalen Zeitalter ein gesundes Aufwachsen zu ermöglichen, ist eine gezielte Medienprävention im Elternhaus von großer Bedeutung. Diese sollte sich an den Entwicklungsphasen und Bedürfnissen der Kinder orientieren und verschiedene Aspekte berücksichtigen.
Eltern als Vorbild
Eltern können positiven Einfluss auf das Medienverhalten ihrer Kinder nehmen, indem sie ihre eigene Bildschirmzeit bewusst reduzieren und medienbewusst agieren. Gleichzeitig ist es wichtig, dass Eltern die Ausstattung mit Mediengeräten im Haushalt bedacht wählen, um einer frühzeitigen und exzessiven Mediennutzung, die zur Mediensucht führen kann, vorzubeugen. Dies gilt insbesondere für jüngere Kinder.
Wichtig: Die Rolle der Eltern als Vorbilder in der Mediennutzung ist entscheidend.
Neben der Begrenzung der Bildschirmzeit sollten Eltern ihre Kinder auch zu alternativen Freizeitaktivitäten ermutigen, die abseits digitaler Medien stattfinden. Solche Aktivitäten fördern Kreativität, reale Sozialkontakte und schützen vor den Risiken einer übermäßigen Mediennutzung.
Medienkompetenz vermitteln
Es ist wichtig, Medienkompetenz zu vermitteln, die über technische Fertigkeiten hinausgeht. Eltern sollten ihre Kinder bei der Entwicklung von Lebenskompetenzen, dem Aufbau realer Sozialkontakte und der Stärkung von Selbstwirksamkeit unterstützen. Kinder und Jugendliche sollen befähigt werden, Medien aktiv, kritisch und selbstbestimmt zu nutzen, um Chancen zu ergreifen und Risiken zu vermeiden.
Präventive Angebote
Darüber hinaus trägt auch die Gesellschaft eine Verantwortung. Durch präventive Angebote und Institutionen wie die Freiwillige Selbstkontrolle kann die Nutzung neuer Medien gefördert und gleichzeitig Gefahren entgegengewirkt werden.
Fazit
Die Wirkung digitaler Medien auf das menschliche Verhalten ist Teil eines komplexen Systems von Einflüssen und kann nicht isoliert betrachtet werden. Es ist entscheidend, das Alter der Nutzer zu berücksichtigen, da Medieneffekte altersabhängig variieren können. Die Mediennutzung interagiert mit anderen Faktoren wie Persönlichkeitsmerkmalen und dem sozialen Umfeld und kann nicht als alleiniger Einflussfaktor für Verhaltensänderungen angesehen werden. Beispielsweise besteht ein Zusammenhang zwischen der Nutzung gewalthaltiger Medien und Aggressivität. Jedoch tragen auch Faktoren wie Empathiefähigkeit, Risikobereitschaft und soziale Einflüsse wesentlich zum Verhalten bei. Diese multifaktorielle Bedingtheit unterstreicht die Notwendigkeit, Medienwirkungen im Kontext eines breiteren sozialen und persönlichen Umfelds zu betrachten.
Weiterführende Informationen:
„BLIKK-Medien“ (Bewältigung, Lernverhalten, Intelligenz, Kompetenz und Kommunikation)