Im alltäglichen Sprachgebrauch wird die Medizin oft in zwei Bereiche unterteilt: „Schulmedizin“ und „Alternativmedizin“. Diese Begriffe suggerieren jedoch Unterschiede und Gegensätze, die es in Wirklichkeit nicht gibt. Daher sollten wir aufhören, von Schulmedizin und Alternativmedizin zu sprechen, sondern von nachweislich wirksamen und nicht-wirksamen Verfahren.
Wenn man evidenzbasierte Medizin betreibt, greift man nur in begründeten Fällen zur Medizin und verlässt sich meistens auf die Selbstheilungskräfte des Körpers. Banale Beschwerden erfordern in der Regel kein Eingreifen von außen und erledigen sich oft von selbst.
Es ist erstaunlich, wozu der menschliche Körper von Geburt an ohne Hilfe imstande ist. Dysbalancen regulieren sich, Verletzungen heilen, Erreger werden eliminiert – und das System wird stetig optimiert. Es ist wichtig, eine gesunde Gelassenheit zu bewahren und abzuwarten.
Neugeborene müssen nicht durch einen Osteopathen behandelt werden, um scheinbare Blockaden oder Verspannungen zu lösen. Das Kind gilt zunächst als vollkommen gesund und benötigt keine Hilfe von außen. Auch gewöhnliche Infekte kann der Körper ohne Hilfsmittel aus der Apotheke selbst verarbeiten. Eine Unterstützung durch Globuli oder ähnliches Zuckergemisch ist hierfür nicht notwendig. Es ist ratsam, auf die Verwendung von „nur natürlichen Mitteln“ zu verzichten, da dies lediglich eine Art Hilflosigkeit vermittelt und an das Kind weitergegeben wird.
Um im pseudomedizinischen Dschungel Durchblick zu schaffen, sollten zunächst einige Begrifflichkeiten geklärt werden.
- Homöopathie bezeichnet die Verdünnung einer Substanz bis zu dem Punkt, an dem kein Wirkstoff mehr nachweisbar ist und der Placebo-Effekt genutzt wird. Normalerweise wird noch Zucker oder Alkohol hinzugefügt.
- Naturheilkunde bedeutet, dass ein Wirkstoff aus der Natur stammt. Dies kann beispielsweise die Weidenrinde sein, die im Grunde genommen die gleiche Wirkung wie Aspirin hat, oder der Knollenblätterpilz, dessen kleinste Menge einen erwachsenen Menschen töten kann. Es ist wichtig zu beachten, dass Natur nicht gleichbedeutend mit gut oder ohne Nebenwirkungen ist.
- Der Osteopath behandelt angebliche Blockaden und Verspannungen, die vermeintlich als behandlungswürdig betrachtet werden.
Es scheint zunächst, als würden diese Mittelchen keinen Schaden anrichten (abgesehen vom Zucker- und Alkoholgehalt, aber auch das ist nicht so tragisch). Viel bedenklicher ist jedoch, dass man sich oder dem Kind damit antrainiert, dass der Körper es nicht allein schafft und er zusätzliche Unterstützung benötigt. Der Körper ist jedoch so genial konzipiert, dass er auf diese Art von Unterstützung nicht angewiesen ist.
Es ist ratsam, sich zurückzulehnen und abzuwarten, ohne sich auf die Krankheit zu konzentrieren. Wenn Schmerzen oder Unwohlsein auftreten, spricht nichts gegen die differenzierte Einnahme von Paracetamol oder Ibuprofen. Wenn eine effektive Versorgung erforderlich ist, sollten gemeinsam mit dem Patienten auf der Grundlage wissenschaftlich orientierter Medizin die verfügbaren Optionen besprochen werden.