Gesundheitskompetenz stärken
Gesundheitskompetenz umfasst das Wissen, die Motivation und die Fähigkeiten von Menschen, relevante Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und im Alltag anzuwenden. Sie spielt bei der Gesunderhaltung und Krankheitsbewältigung eine wichtige Rolle, da sie informierte Entscheidungen und die Übernahme von Verantwortung für das eigene Wohlergehen ermöglicht. Das Wissen über Gesundheit und Krankheit gibt uns die Macht, sorgsam mit unserem Körper umzugehen. Als Ärzte tragen wir die Verantwortung, stets aktuelles und wissenschaftlich fundiertes Wissen zu vermitteln. Wir teilen dieses Wissen nicht nur innerhalb der medizinischen Gemeinschaft, sondern auch mit Eltern, die eine entscheidende Rolle in der gesundheitlichen Erziehung ihrer Kinder spielen. Eltern möchten die bestmöglichen Entscheidungen für ihre Kinder treffen und sie vor unnötigen medizinischen Maßnahmen schützen. Unsere Aufgabe besteht darin, sie dabei zu unterstützen. Ein Austausch von Wissen und Verantwortung prägt die Gesundheitskompetenz zukünftiger Generationen und stärkt unsere Gesellschaft.
Basierend auf Leitlinien, dem DGPI-Handbuch, Empfehlungen des Robert Koch-Instituts und Forschungen aus der Monatsschrift Kinderheilkunde, ist dieses Werk ein elementares Werkzeug für Fachkräfte in der Kinder- und Jugendmedizin und zugleich für medizinische Laien verständlich. Es verbindet detailliertes Fachwissen mit einer einfachen Sprache und fördert somit eine breite Gesundheitskompetenz und stärkt das kollektive Wohlbefinden.
Über mich
Bereits während meiner Schulzeit in Frankfurt am Main stand mein Entschluss fest, Medizin zu studieren. Mich faszinierte das umfassende Verständnis des menschlichen Körpers, das ich erlangen wollte. Mein Ziel war es, ein tiefgreifendes Verständnis für die physiologischen Entwicklungsprozesse des menschlichen Körpers zu erlangen, die Mechanismen der Heilung zu erfassen und die Komplexität der medizinischen Wissenschaft eigenständig interpretieren zu können.
Ich habe Humanmedizin in Frankfurt (Main) studiert und schnell erkannt, dass mein Ziel darin besteht, eine erfüllende Tätigkeit auszuüben. Während meiner verschiedenen Praktika in der Kinder- und Jugendmedizin war ich immer wieder von den Teams aus Ärzten und Pflegepersonal fasziniert. Sie waren bodenständig und herzlich. Die Tage vergingen, ohne dass ich auf die Uhr schauen musste. Mir war klar, dass ich meinen Lebensunterhalt auf diese Weise verdienen wollte.
Meine Arbeit in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Stuttgart hat meine Erwartungen bestätigt. Ich habe gelernt, zwischen sinnvollen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen und unnötigen Handlungen ohne tatsächliche Rechtfertigung zu unterscheiden. Ich identifizierte mich zunehmend mit den zuversichtlichen Pragmatikern, anstatt mit den besorgten Kollegen, die ein außerordentliches Bedürfnis nach Sicherheit haben. Mein Anspruch war es, Kinder und ihre Familien objektiv zu beraten und zu behandeln, indem ich mich auf notwendige medizinische Maßnahmen beschränkte. Ich habe darauf geachtet, stationäre Aufnahmen zu vermeiden, sofern sie nicht medizinisch unbedingt erforderlich waren, um den Familien zusätzlichen organisatorischen Aufwand und psychosoziale Belastungen zu ersparen. Ich habe gelernt, nach Leitlinien differenziert vorzugehen, evidenzbasierte Medizin anzuwenden und unnötige Maßnahmen zu vermeiden. Dies beinhaltet auch das sogenannte abwartende Beobachten (watchful waiting). Dabei wird dem Körper die Gelegenheit gegeben, seine Aufgabe zu erledigen, während begleitende Schmerzen oder Unwohlsein behandelt werden und man abwartet. Es ist wichtig, weder auf Pseudomedizin wie Hustensäfte und Globuli zurückzugreifen, noch mit unverhältnismäßigen Maßnahmen zu versuchen, den Heilungsverlauf zu beeinflussen.
Zu meinen Höhepunkten als Kinder- und Jugendarzt gehören meine Auslandseinsätze für die German Doctors e. V. auf den Philippinen im Dschungel und in Kenia im Slum. Die Arbeit mit diesen Menschen, insbesondere mit den Kindern, hat mir viel gegeben. Ihre Lebensfreude beeindruckt mich bis heute. Auch in Deutschland empfinde ich es als großes Privileg, mit den Kleinsten arbeiten zu können. Ich bin dankbar für die Möglichkeit, an entfernten Orten mit unterschiedlichen Volksgruppen gearbeitet zu haben. Ich lernte, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren und meine Sinne zu schärfen.
Ein weiterer Höhepunkt war meine Beteiligung an einem tierischen Fall in der Wilhelma, dem zoologischen und botanischen Garten Stuttgarts. Der Kinder- und Jugendarzt wurde vom Tierarzt hinzugezogen, da ein Gorillakind unklare, vergrößerte Lymphknoten aufwies. Ich führte eine Lymphknotenbiopsie in Narkose durch und wir konnten eine EBV-Infektion (Pfeiffersches Drüsenfieber) nachweisen.
Mit der Zusatzbezeichnung Kinder-Gastroenterologie verließ ich die Klinik, um in die eigene Kinder- und Jugendpraxis zu gehen. Gleichzeitig kamen eigene Kinder hinzu, sodass ich nun fachlich hochwertig und qualifiziert bei den Themen Stillen, Beikost, Schlaf und banale Infekte mitreden kann. Bereits während meines Aufenthalts in der Klinik hatte ich mir vorgenommen, sicherzustellen, dass kein Kind in meiner Praxis ohne Schutz vor schwerwiegenden impfvermeidbaren Erkrankungen bleibt. Konkret bedeutet dies, dass jedes Kind so früh wie möglich gemäß der STIKO-Empfehlungen vollständig geimpft wird. Ich stehe den Eltern bei Fragen gerne zur Verfügung und kläre etwaige Unklarheiten. Ist mit 2 Monaten keine Entscheidung getroffen, ist eine Weiterbetreuung in meiner Praxis nicht möglich. Gegenüber Schwangeren, jungen Säuglingen, immungeschwächten und onkologischen Patienten, darunter einige unter Chemotherapie, habe ich diese Verpflichtung ausgesprochen.
Verantwortungsvolles Handeln
Jede Verordnung von Medikamenten außer Paracetamol oder Ibuprofen muss ausdrücklich begründet werden. Es ist nicht notwendig, dass Kinder Hustensäfte einnehmen. Medikamente zur Stärkung des Immunsystems sind nicht empfohlen. Außer dem allgemein empfohlenen Vitamin D im ersten Lebensjahr sind keine Vitamine, Spurenelemente oder sonstigen Nahrungsergänzungsmittel erforderlich. Unnötige Labortests und unsinnige Stuhldiagnostik sollten vermieden werden. Sinnfreie Diäten sind nicht empfehlenswert. Ein Kind sollte sich ausgewogen und gesund ernähren. Als Faustregel gilt: Man sollte sich an den Nahrungsmitteln orientieren, die schon Oma kannte. Es sollten möglichst wenige verarbeitete Nahrungsmittel, einschließlich Quetschies, konsumiert werden. Das Bewegungsangebot sollte nicht vernachlässigt werden und Bildschirmmedien sollten nicht als Ablenkung oder Betreuung missbraucht werden.
Antibiotic Stewardship
Im Laufe der Zeit habe ich mich für das Thema Antibiotic Stewardship engagiert. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt die zunehmende Antibiotikaresistenz neben Krieg und Hunger als eine der größten Gesundheitsbedrohungen für die Menschen ein. Durch den undifferenzierten Einsatz von Antibiotika entstehen immer mehr resistente Erreger, gegen die unsere Medikamente nicht mehr wirken. Um effektive Mittel gegen schwerwiegende Infektionen zu haben, müssen wir unseren Medikamenteneinsatz reflektierter angehen. Es ist wichtig, alle Beteiligten einzubeziehen, einschließlich Ärzte unterschiedlicher Disziplinen (Pädiatrie, Allgemeinmedizin, Internisten, HNO, Orthopädie, Dermatologie), Eltern und Patienten sowie Erzieher und Lehrer.
Gemeinschaftseinrichtungen
Beim Austausch mit Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagesstätten und Schulen wurde deutlich, dass es zuweilen zu Unklarheiten und unterschiedlichen Herangehensweisen in Bezug auf Gesundheitsmanagement kommt. Insbesondere bei Erkrankungen wie Bindehautentzündung, Hand-Fuß-Mund-Krankheit oder Scharlach entspricht die Handhabung nicht immer den neuesten Empfehlungen der Fachgesellschaften und des Robert Koch-Instituts. Dies betont die Wichtigkeit einer kontinuierlichen Aktualisierung der Praktiken gemäß den aktuellen medizinischen Leitlinien. Es ist lobenswert, dass alle Beteiligten nach bestem Wissen und Gewissen handeln, jedoch orientieren sich die Praktiken nicht immer an den aktuellen medizinischen Empfehlungen oder den Richtlinien der Gesundheitsbehörden. In manchen Fällen kann es vorkommen, dass durch die Ausübung des Hausrechts Maßnahmen ergriffen werden, die möglicherweise nicht optimal auf die Bedürfnisse von Kindern und Familien abgestimmt sind.Einige Einrichtungen haben eigene Richtlinien bezüglich der Wiederaufnahme von Kindern nach Krankheiten und verlangen von den Eltern ärztliche Bescheinigungen, auch wenn dies nicht immer im Einklang mit den neuesten Empfehlungen der Fachgesellschaften und des Robert Koch-Instituts steht. Es kommt vor, dass pädagogisches Personal Empfehlungen für Therapiemaßnahmen wie Logopädie oder Ergotherapie ausspricht. Infolgedessen erwarten Eltern, eine entsprechende Verordnung von einem Arzt zu erhalten. Schulen legen manchmal eigenständig fest, unter welchen Umständen ein ärztliches Attest erforderlich ist. Dies kann zu Diskussionen über die Auslegung gesetzlicher Vorgaben führen. Es ist wichtig zu betonen, dass dies nicht auf alle Einrichtungen zutrifft und viele von ihnen in enger Zusammenarbeit mit medizinischen Fachkräften und nach bestehenden Leitlinien handeln.
Ziele
Ich habe die Rolle des Obmanns und Moderators der Qualitätszirkel der Stuttgarter Kinderärzte übernommen, um eine positive Veränderung im Umgang mit Medikamenten und den Praktiken verschiedener Gemeinschaftseinrichtungen zu bewirken. Diese Initiative hat zum Ziel, als Leitfaden in der Kinder- und Jugendmedizin zu dienen. Sie stützt sich auf die Expertise verschiedener Fachgesellschaften und des RKI. Mit diesem Ansatz möchten wir, die Kinderärzteschaft, nicht nur unser Wissen und unsere Kompetenzen teilen, sondern auch das Verständnis und die Fähigkeiten von Eltern, Erziehern und Lehrern stärken. Dies geschieht in der Hoffnung, dass eine schrittweise und kollektive Verhaltensänderung zum Wohle unserer Kinder und des Gesundheitssystems beitragen kann. Veränderungen benötigen Zeit und menschliche Verhaltensweisen sind oft tief verwurzelt. Ein behutsamer und gemeinschaftlicher Ansatz kann uns jedoch dabei helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen.
Sprachliche Konventionen
In diesem Werk wurde überwiegend das generische Maskulinum verwendet, um die Lesbarkeit und Verständlichkeit zu erhöhen. Diese Entscheidung soll jedoch keinesfalls die Vielfalt und Individualität der Menschen, die in der Kinder- und Jugendmedizin eine Rolle spielen - seien es Fachkräfte, Eltern oder die jungen Patienten selbst - negieren oder mindern. Es ist mir wichtig zu betonen, dass jedes Individuum, unabhängig von Geschlecht oder Geschlechtsidentität, in meiner Betrachtung und Wertschätzung eingeschlossen ist. Diese Aussage ist wertneutral und soll keine subjektive Bewertung beinhalten. Ich folge damit einer traditionellen Konvention der deutschen Sprache. Das Ziel besteht darin, die Inhalte klar und verständlich zu präsentieren. Diskussionen und Feedback zu diesem Ansatz sind jederzeit willkommen.