Impfungen sind unerlässlich zur Vorbeugung von Infektionskrankheiten. Sie bieten nicht nur individuellen Schutz, sondern tragen auch zur Eindämmung und potenziellen Ausrottung von Krankheiten bei. Die Ständige Impfkommission (STIKO) gibt klare Empfehlungen, die auf umfangreichen wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und den medizinischen Standard definieren.
STIKO-Empfehlungen
Die Einhaltung der STIKO-Empfehlungen stellt sicher, dass Kinder den bestmöglichen Schutz gegen schwerwiegende Infektionskrankheiten erhalten. Kinder sollten gemäß diesen Empfehlungen von Anfang an vollständig geimpft werden.
Die STIKO empfiehlt seit 2024 für alle Neugeborenen und Säuglinge eine Prophylaxe zum Schutz vor schweren Atemwegsinfektionen durch RSV. Damit sollen insbesondere RSV-bedingte Hospitalisierungen und Todesfälle sowie stationäre und ambulante Versorgungsengpässe vermieden werden. Weitere Informationen zur RSV-Prophylaxe finden Sie hier.
Zu den Regelimpfungen gehören weiterhin:
- ab 2 Monaten:
- 6-fach-Impfung (gegen Diphtherie, Tetanus, Hepatitis B, Poliomyelitis, Pertussis und Haemophilus influenzae Typ b)
- Pneumokokken
- Meningokokken B
- Rotaviren
- mit 11 Monaten: Masern, Mumps, Röteln und Windpocken
- mit 12 Monaten: Meningokokken C (noch besser ist die Kombinationsimpfung ACWY)
- ab 3 Jahren (regional): FSME
- mit 9 Jahren: HPV
Die HPV-Impfung ist für Mädchen und Jungen zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs und anderen Krebserkrankungen wichtig. Sie schützt umso zuverlässiger, je früher sie verabreicht wird.
Studie im Lancet: Falcaro M et al., 2021: Reduktion des Zervixkarzinoms abhängig vom Alter bei der Impfung:
- 16 - 18 Jahre: um 34 %
- 14 - 15 Jhre: um 62 %
- 12 - 13 Jahre: um 87 %
Optionale Impfungen bzw. (noch) nicht allgemein empfohlene Impfungen sind:
- Impfung gegen Meningokokken ACWY statt C
- saisonale Influenzaimpfung ab dem vollendeten 6. Lebensmonat
Merke: Es ist wichtig, dass Eltern die Notwendigkeit von Impfungen verstehen und erkennen, dass die STIKO-Empfehlungen auf einer fundierten medizinischen Grundlage beruhen.
Tipp: Das Robert-Koch-Institut (RKI) klärt anhand von „Faktensandwiches“ über Falschinformationen auf.
Impfstoffe
- Lebendimpfstoffe enthalten abgeschwächte, aber noch vermehrungsfähige Erreger, die eine starke und langanhaltende Immunantwort hervorrufen.
- Totimpfstoffe enthalten abgetötete oder inaktivierte Erreger oder deren Bestandteile enthalten, die das Immunsystem stimulieren, ohne dass sich der Erreger vermehren kann.
Koadministration mehrerer Impfungen
Grundsätzlich ist zu beachten, dass Impfungen beliebig kombiniert werden können. Der Anzahl sind keine Grenzen gesetzt. Dies hat Vor- und Nachteile:
Vorteile:
- Impfungen wirken synergistisch. Die Wirkung wird verstärkt.
- Der Schutz kann so früh wie möglich aufgebaut werden, da die einzelnen Impfungen nicht zeitlich versetzt verabreicht werden müssen.
- Die Möglichkeit einer Impfreaktion wird auf weniger Gelegenheiten reduziert.
- Es sind weniger Arztbesuche erforderlich.
Nachteil:
- Es besteht die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Impfreaktion.
Tipp: Eine praktische Empfehlung ist, nach dem Kleinkindalter alle Impfungen auf einer Seite (dem schwächeren Oberarm) durchzuführen und die andere Seite auszusparen.
Impfreaktionen
Reaktionen auf eine Injektion können sich lokal oder systemisch äußern:
- lokal: Schmerz, Schwellung, Rötung
- systemisch: Abgeschlagenheit, Fieber
Bei Totimpfstoffen treten Impfreaktionen in der Regel innerhalb der ersten 2–3 Tage auf, bei Lebendimpfstoffen (Mumps, Masern, Röteln, Windpocken) zeitverzögert nach etwa einer Woche.
Die Beschwerden sind symptomatisch gut behandelbar (Paracetamol, Ibuprofen). Weitere Risiken oder Nebenwirkungen sind im Vergleich zum Kosten-Nutzen-Verhältnis der Impfung zur Erkrankung vernachlässigbar.
Impfabstände
Totimpfstoffe und Lebendimpfstoffe können in beliebiger Kombination verabreicht werden. Bei Totimpfstoffen müssen keine Abstände zur nächsten Impfung eingehalten werden. Nach einer Lebendimpfung (MMRV, Gelbfieber, Dengue) sollte jedoch ein Abstand von 4 Wochen bis zur nächsten Lebendimpfung eingehalten werden.
Für den Aufbau einer Grundimmunisierung sollten die empfohlenen Mindestabstände zwischen den Einzelimpfungen möglichst nicht unterschritten werden. Unzulässige Maximalabstände gibt es hingegen nicht. Auch eine Grundimmunisierung, die viele Jahre zurückliegt oder unterbrochen wurde, muss nicht neu begonnen werden. Jede Impfung zählt.
Aufgabe von Ärzten
Ärzten kommt eine entscheidende Rolle bei der Impfmotivation zu. Sie sollten den Eltern auf sensible und empathische Art deutlich machen, wie wichtig es ist, den Impfplan zu befolgen.
Das Ziel besteht darin, ein besseres Verständnis und eine breitere Akzeptanz für die Bedeutung von Impfungen zu schaffen, ohne dabei kritische Stimmen zu provozieren. Ärzte sollten die Eltern ausgewogen informieren und gleichzeitig Raum für fundierte Gespräche und Entscheidungen anbieten. Eine umfassende und wirksame Gesundheitsvorsorge ist nur dann gewährleistet, wenn sowohl die
medizinische Fachkompetenz als auch die individuellen gesundheitlichen Bedürfnisse des Kindes berücksichtigt werden.
Merke: Bei gesundheitlichen Entscheidungen sollte man immer auf aktuelle, evidenzbasierte Informationen und Ratschläge von Fachleuten zurückgreifen. Dies gilt insbesondere für die Impfpraxis, wo eine strikte Befolgung der evidenzbasierten Leitlinien und Empfehlungen unerlässlich ist.
Weiterführende Informationen: