Abb. Meilen- und Grenzsteine der Grobmotorik (nach Jenni, O. Die kindliche Entwicklung verstehen. Springer-Verlag GmbH Deutschland: Berlin, Heidelberg; 2021. Entnommen aus Jenni, O., Meilen- und Grenzsteine der Entwicklung. Monatsschrift Kinderheilkunde, 2022; 170: 651–662. Bearbeitung durch Özgür Dogan. Lizenz: CC BY 4.0)
Grobmotorik
Die Entwicklung der Grobmotorik zeigt eindrucksvoll, wie variabel und individuell der Entwicklungsprozess sein kann. In der Praxis durchlaufen Kinder vielfältige Wege der motorischen Entwicklung. Einige Kinder beginnen zum Beispiel im Alter von etwa sieben Monaten zu krabbeln, indem sie auf Händen und Knien über den Boden robben. Andere Kinder entwickeln ihre eigenen Fortbewegungsmethoden wie Schlangenbewegungen oder Rollen. Während die meisten Kinder vom Kriechen zum effizienteren Krabbeln auf Händen und Knien übergehen, gibt es auch solche, die direkt vom Kriechen zum Stehen und Gehen übergehen, ohne eine Krabbelphase zu durchlaufen.
Ein interessantes Beispiel sind die sog. Sitzrutscher oder „Shuffler“, die sich auf dem Gesäß fortbewegen. Diese Kinder zeigen oft eine leichte muskuläre Hypotonie, insbesondere in den unteren Extremitäten, entwickeln sich aber überwiegend normal ohne motorische Auffälligkeiten im Schulalter.
Große individuelle Unterschiede bestehen auch bei den ersten freien Schritten: einige Kinder beginnen bereits mit 11 Monaten, andere erst mit 18. Mit 18 Monaten können 90% der Kinder frei gehen.
Feinmotorik
Im Alter von 3–4 Monaten beginnen Kinder nach Gegenständen zu greifen. Anfangs sind diese Bewegungen unbeholfen, zwischen dem 4. und 6. Monat werden sie kontrollierter und gezielter. Mit etwa 12 Monaten können Kinder gezielt greifen, was als wichtiger Grenzstein gilt. Das Loslassen von Gegenständen folgt einige Wochen nach dem Greifen.