Irrtum 1: Ein Kind muss nach dem zweiten Geburtstag 50 Worte sprechen.
Nicht alle Kinder erleben zwischen dem zweiten und dritten Geburtstag eine sogenannte Wortschatzexplosion. Stattdessen kann die Entwicklung des Wortschatzes bei Kindern langsam und stetig voranschreiten. Tatsächlich ist ein später Sprachbeginn neutral zu bewerten. Ein Kind muss nach dem zweiten Geburtstag also noch nicht 50 Worte sprechen. Aus dieser Erkenntnis folgt, dass eine Beratung statt einer frühen Therapie empfohlen wird. Die Eltern sollten auf ein sprachförderndes Verhalten hingewiesen werden, um sie in der Unterstützung ihrer Kinder zu bestärken und abzusichern.
Irrtum 2: Monolinguale Kinder können bereits ab dem zweiten Geburtstag standardisiert getestet werden.
In diesem frühen Alter liefern Tests keine verlässlichen Prognosen über die zukünftige Sprachentwicklung. Erst ab dem vierten Geburtstag sind die Testergebnisse aussagekräftig genug, um sinnvolle Schlüsse für die weitere Therapie zu ziehen. Daher wird empfohlen, nicht zu früh mit standardisierten Tests zu beginnen.
Es gibt keine zuverlässigen Testverfahren zur Messung des kindlichen Sprachverständnisses. Unterschiedliche Tests bei demselben Kind zeigen oft abweichende Ergebnisse. Daher ist es schwierig, das Sprachverständnis eines Kindes eindeutig als altersgemäß oder auffällig zu klassifizieren. Während die sprachtherapeutische Behandlung sprachproduktive Fähigkeiten verbessern kann, ist das Sprachverständnis weniger beeinflussbar.
Irrtum 3: Das Zeitfenster für den Spracherwerb beginnt bereits in der frühen Kindheit und schließt sich dann.
Tatsächlich nimmt die Fähigkeit zum leichten Spracherwerb erst mit dem Eintritt in das Pubertätsalter allmählich ab. Dabei spielen genetische Prädispositionen, Motivation und die Notwendigkeit zur Kommunikation eine entscheidende Rolle. Daraus folgt, dass auch nach der Kindheit ein korrekter Spracherwerb möglich ist.