13.2 Reiseapotheke

23.09.2024


Bevor man das medizinische System im Ausland in Anspruch nehmen muss, ist man sicher gut beraten, bewährte Mittel gegen Beschwerden mitzunehmen und abzuwarten (watchful waiting). Die Reiseapotheke braucht nicht viel.

Etwas gegen Fieber und Schmerzen wie Paracetamol und/oder Ibuprofen, je nach Alter und Vorliebe als Zäpfchen, Saft oder Tablette (siehe Kapitel Infektionsverlauf).

Auch abschwellende Nasentropfen oder -sprays sollten in der Reiseapotheke nicht fehlen, denn Schlafqualität oder Trinklust sind bei verstopfter Nase schnell beeinträchtigt. 

Des Weiteren sind Wunddesinfektionsmittel (Octenidin), Pflaster und eine Pinzette (Splitter, Zecke) sinnvoll. Hier endet meine persönliche Reiseapotheke mit Kindern.

Gegen Durchfall und Erbrechen wird explizit nichts empfohlen. Die orale Rehydratation stellt das Mittel der Wahl dar. Die fehlende Flüssigkeit sollte oral zugeführt werden. Orale Glukoselösungen mit Elektrolyten stehen zur Verfügung. Von restriktiven Diäten oder Teepausen wird abgeraten. Es kann alles gegessen oder getrunken werden, was auch sonst gegessen oder getrunken wird, sofern es vertragen wird.
Bei starkem Erbrechen kann die Gabe von Ondansetron erwogen werden.

Gegen Übelkeit und Erbrechen wurde früher Dimenhydrinat eingesetzt. Wegen seltener schwerer Krampfanfälle bis hin zu Todesfällen wird heute davon abgeraten. Lediglich bei starker Reiseübelkeit kann im Einzelfall eine Gabe vor Transportbeginn erwogen werden.
Metoclopramid (MCP) wird wegen der hohen Nebenwirkungen für Kinder und Jugendliche nicht empfohlen. 
Medikamente gegen Durchfall sollten explizit nicht eingesetzt werden. Dazu gehören Loperamid, Kohle, Zink oder Probiotika.
Für Näheres zur Magen-Darm-Grippe siehe hier.

Bitte keine Hustenmittel mitnehmen. Was in Deutschland nicht hilft, hilft auch im Ausland nicht. Für weitere Informationen zum Thema Husten siehe hier.

Antibiotika müssen nicht prophylaktisch mitgenommen werden. Habe ich als Kinderarzt und Vater von drei Kindern auch nicht. Näheres zur Antibiotika-Therapie wird im Kapitel Antibiotic Stewardship beschrieben.

Kindern, die regelmäßig an Gehörgangsentzündungen leiden, ist eine gründliche Ohrenpflege zu empfehlen. Tipps zur Vorbeugung einer Schwimm-Otitis:

  • Keine Wattestäbchen zum Reinigen der Ohren verwenden, um den natürlichen Talgdrüsenschutz zu erhalten.
  • Empfindliche Ohren nach dem Schwimmen mit Süß- oder Trinkwasser spülen.
  • Zur Rückfettung der Haut nach dem Schwimmen einen Tropfen Oliven- oder Babyöl ins Ohr geben.
  • Bei häufigen Entzündungen Glyzerin-Alkohol-Tropfen („Tauchertröpfchen“) statt Öl verwenden, die pflegend und desinfizierend wirken.
  • Bei beginnenden Entzündungen Wasser-Essig-Tropfen im Verhältnis 10:1 verwenden.

Im Einzelfall kann mit dem Kinder- und Jugendarzt besprochen werden, ob vorsorglich Ohrentropfen (Antibiotikum + Kortikoid) mitgenommen werden.

Zur Behandlung von Insektenstichen ist die lokale Anwendung von Fenistil®-Gel mit oder ohne Kortison wenig wirksam. Wer nach Insektenstichen zu stärkeren Schwellungen neigt, sollte ein orales Antihistaminikum (Tropfen, Saft, Tabletten) einnehmen. Da Fenistil® (Wirkstoff: Dimetinden) zentral wirkt und bekannterweise zu Müdigkeit als Nebenwirkung führt, wird es nicht mehr empfohlen. Moderne Mittel mit dem Wirkstoff Cetirizin sind hier besser geeignet.